Archiv Ausgabe Juni 2007 Kunst, Ausstellungen Kunst

Ausstellung des Monats:

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ZKM: 10 Jahre intellektuelle Herausforderung

Was unterscheidet eigentlich die Kultur des Okzidents von der Kultur des Orients´ Der Philosoph und Sinologe Francois Jullien, er kann als einer der bedeutendsten Kenner Chinas gelten, ist der Auffassung, dass der Unterschied mit dem Begriff des Ideals zu tun hat. Im Abendland gibt es eine Tradition des im voraus erstellten Plans. Es gibt das Heldentum der Tat. Das Denken ist inspiriert vom Fortschritt der Erkenntnis, vom Fortschreiten der Gesellschaft, von der Entwicklung zum Höheren und Moralisch-Besseren, d.h. von der Utopie. 
Im Morgenland dagegen strebt man das Ereignis nicht an. Vielmehr nimmt man die Konsequenz (passiv) auf. Statt einem direkten Herangehen und Machen bevorzugt man das "Sich-Ergeben"; ein "indirektes" Vorgehen. Der Weise, heißt es bei Konfuzius, ist ohne Idee. Er versucht offen und disponibel zu bleiben. Denkt eher prozesshaft. Geistesgegenwärtig: Wenn ich esse, esse ich, wenn ich tanze, tanze ich … deshalb muss man sich vor Idealen hüten: Sie machen das Denken "parteiisch", fixieren es, berauben den Geist seiner Offenheit … Als anerkannter Experte asiatischer Kunst gilt der Kurator Wonil Rhee, Leiter der Media City Seoul und Co-Kurator der 6. Shanghai Biennale. Er wird - zum ersten Mal in Deutschland - asiatische Kunst aus der Perspektive eines asiatischen Kurators vorstellen, d.h. asiatische Kunst wird nicht, wie bisher üblich, von westlichen Sammlern und Kuratoren vorgestellt. Sein Anliegen ist es, das andere Leben in asiatischen Ländern, die andere Ethik, die andere Auffassung von Individuum und Gemeinschaft plausibel zu machen. In der Ausstellung mit mehr als 100 Künstlern aus 20 asiatischen Ländern von Japan über Korea bis China, von Südost- bis Zentralasien, wird zum ersten Mal ein umfassendes Bild der zeitgenössischen, asiatischen Kunstproduktion geboten.  
Nach welchen Regeln und Kriterien westliche (euramerikanische ) Kunst beurteilt wird, d.h. welches Denken in der westlichen Kunst maßgeblich ist, untersucht Peter Weibel parallel zur "New Asian Waves"-Ausstellung im 2. Stock. Zur Diskussion steht der selten hinterfragte Kanon der Moderne. Ähnlich wie bei "Iconoclash" geht es um Grundsätzliches. Man darf gespannt sein, denn je älter, desto radikaler wird Peter Weibel: "Die Kunst", erklärte er in einem Gespräch in der `Kunstzeitung`, "wie ich sie heute sehe, ist ein Spiegel, ein Subsystem der sozialen Systeme … Wettbewerb, Konkurrenz, Gier, ungezügelte Freiheit des Individuums - das sind alles Konstanten der Kunst. D.h. wenn wir eine friedliche Gesellschaft hätten, müsste die Kunst auf ihre bisherigen Hauptpfeiler - individuelle Expression, Absolutismen der Freiheit, der Wahrheit, der Schönheit usw. - verzichten." Müsste sie dann, denkt man unwillkürlich, Prinzipien der fernöstlichen Kunst übernehmen´ Kann man in dieser Hinsicht von asiatischen Künstlern lernen´ 
Da im Medienmuseum außerdem eine Ausstellung Wolfgang von Kempelen gewidmet ist, dem Erfinder eines Schachautomaten und einer Sprechmaschine, sind es gleich drei bedeutende Jubiläumsausstellungen, mit denen das ZKM, wie schon so oft in den letzten 10 Jahren, unter Beweis stellt, dass man der Zeit weit voraus ist. Dass man einen Kurs verfolgt, der überhaupt nicht selbstverständlich ist: Weder weicht man vom Grundsatz des Gründers Heinrich Klotz ab (keine Unterhaltung, sondern Herausforderung zu intellektueller Erkenntnis!), noch nähert man sich der technokratischen Logik der Landesregierung an (was zählt ist die Wirtschaft, die Kultur spielt nur eine untergeordnete Rolle!). 
(Thermocline of Art - New Asian Waves; Museum für Neue Kunst, Lorenzstr-19, EG und 1. OG, Mi-Fr 10-18, Sa+So 11-18 15.06. bis 21.10.07/ Klio. Eine kurze Geschichte der Kunst in Euramerika nach 1945; Museum für Neue Kunst, 2. OG, 15.06. bis 21.10.07/ Wolfgang von Kempelen. Mensch - (in der) - Maschine; ZKM Medienmuseum, Lorenzstr-19 Mi-Fr 10-18, Sa+So 11-18 23.06. bis 19.08.07; info@zkm.de)