Europäische Kulturtage

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Wanderungen - Glück, Leid, Fremdheit

Als die Karlsruher Kulturamtsleiterin Susanne Asche das Thema „Wanderungen“ Anfang 2015 ins Spiel brachte, war von der sich im Laufe des Jahres entwickelnden „Flüchtlingskrise“ noch nichts zu ahnen. Heute prägen „Glück, Leid, Fremdheit“, so der Untertitel des Festivals, Millionen von Menschen, die sich auf der Flucht vor Krieg, Terror und Vertreibung unfreiwillig auf die Wanderung ins sichere Europa begaben. „Die Brisanz des Themas war nicht absehbar, doch ist Wanderung ein Menschheitsthema, das vielfältigste Spuren in Europa hinterlassen hat“, betont Peter Spuhler, der Intendant des Badischen Staatstheaters, das gemeinsam mit der Stadt Karlsruhe die Europäischen Kulturtage veranstaltet. Flüchtlinge sind also nur ein Aspekt des im Festival gespielten Themenspektrums. 
 
Was für eine Fülle > Weit über 80 Veranstaltungen finden sich im diesmal clever gemachten, über 180 Seiten dicken Programmbuch. Schier täglich gibt es vom 8. bis zum 24. April mehrere Angebote, die von rund zwei Dutzend Partnern an etwa ebenso vielen Orten beigesteuert werden. „Jeder, den wir ansprachen, wollte zu diesem Thema etwas beitragen“, so Spuhler. An den Wochenenden kann man sich tagesfüllende Programme zusammenstellen oder aus der Vielfalt von Filmen, Vorträgen, Ausstellungen, Konzerten, Theateraufführungen oder thematischen Stadtführungen auswählen. Auch in dieser Klappe-Auf-Ausgabe finden sich in den Tagestipps, bei den Lesungen, Filmen, Ausstellungen und Events zahlreiche weitere Tipps zu Veranstaltungen im Rahmen der Kulturtage. Einen handlichen Überblick bietet ein zehnseitiges Programmleporello. 
 
Ein starker Auftakt > Eröffnet werden die Europäischen Kulturtage am Freitag, 8., unter anderem durch die baden-württembergische Kunstministerin Theresia Bauer und einen bunten Mix, der in das Thema der Veranstaltungsreihe einführen und Lust auf die kommenden Tage machen soll. Uraufgeführt wird eine Komposition des Karlsruher Saxofonisten Peter Lehel, die er für ein „kosmopolitisches Oktett“ schrieb, Schauspieler des Badischen Staatstheaters lesen Texte von Geflüchteten und Exilanten und Jugendliche der vom Stadtjugendausschuss betreuten „Baustelle: Heimat finden im Fremden“ präsentieren mit Rap, Musik, Performance und viel Bewegung Einblicke in dieses spannende Projekt, das seit den vergangenen Monaten Zugewanderte und Einheimische auf der Basis von Kunst, Kultur und Sport zusammenbringt. Der Eintritt für den Eröffnungsabend im Kulturzentrum Tollhaus ist frei, Einlasskarten gibt es an der Tollhaus-Kasse. 
 
Neue Festivalpartner > Erstmals im Boot der Europäischen Kulturtage sind bei der 23. Ausgabe unter anderem die Tanztribüne und das Figurentheater marotte. Mit „home_less“ hat am Sonntag, 10.,im Kulturzentrum das neue Stück der Tanztribüne Premiere, das die Karlsruher Tanztheater-Truppe um Hans Traut und Margret Wolf gemeinsam mit dem Ensemble von Sarah Kieseckers Jazzaret erarbeitete. Das Tanzstück widmet sich dem Thema Exil und behandelt in einer spannenden Perspektivverschiebung zur Musik von Wolfgang Rihm und Hauschka den fiktiven Fall, Deutsche müssten aus ihrer angestammten Heimat ins Exil fliehen und alles zurücklassen. Weitere Aufführungen sind am 16., 17., 23. und 24..  
 
Als international bestens vernetzt erweist sich das Figurentheater marotte, das am Samstag, 23., zwei Figurentheater aus Rumänien im Kulturzentrum Tollhaus zu Gast hat. Für Menschen ab sieben Jahren zeigt zunächst um 14 und 16 Uhr das Marionettentheater aus Arad das Stück „Weggefährte“ nach einem Märchen von Hans Christian Andersen. Die mit 3D-Projektionen und Kinoeffekten arbeitende Produktion wurde bei zahlreichen Festivals erfolgreich präsentiert. Um 20 Uhr spielt dann das Teatrul Tandarica aus Bukarest die poetische „Konferenz der Vögel“, die auf den Text eines persischen Dichters zurückgeht. Beide Gastspiele sind ohne Worte und daher ohne Sprachbarriere verständlich. 
 
Gäste im Staatstheater > Neben einer Reihe eigener Neuproduktionen wie dem Ballett über Anne Frank (Premiere am 23.4.) oder dem philosophischen Volkstheaterstück zu Steven Pinkers umstrittener Weltgeschichte der Gewalt (Premiere Sonntag, 10.4., - siehe auch Tagestipp 20.4. - „Die Troerinnen“) und sehenswerten Wiederaufnahmen wie dem unbedingt sehenswerten Stück über deutsch-israelische Paarbeziehungen „Love Hurts“ (16. und 17.4.) hat das Staatstheater eine Reihe vielversprechender Gastspiele in seinem Beitrag. So zeigt das von Stephan Bruckmeier gegründete Hope Theatre Nairobi am Mittwoch, 13., im Staatstheater das Stück „Auf der Flucht“, und am Donnerstag, 21., ist in einem exklusiven Gastspiel der Praxis Theatre Group aus der iranischen Hauptstadt Wolfgang Borcherts berühmtes Antikriegsstück „Draußen vor der Tür“ in einer außergewöhnlichen Inszenierung zu erleben. Auch die seit Beginn der Intendantenära Spuhler wiederholt präsente Theater-Performance-Truppe Rimini Protokoll ist am 23. und 24. mit der interaktiven Musikperformance „Evros Walking Water“ dabei. Der bulgarische Pantomime Guérassim Dichliev setzt am 24. mit seinem „Monolog mit dem Koffer“ im Staatstheater den Schlusspunkt der Kulturtage. An seine einstündige Inszenierung schließt sich eine bunte Abschlussfeier unter dem Motto „Willkommen, Zukunft!“ mit Welcome Dinner, Film und Musik an. -jf