Archiv Ausgabe Februar 2006 Musik Querbeet

Hagen Rether - „Liebe“

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> Do 02. Feb.um 20 Uhr 
Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim 

Er ist ein ausgewiesener Musiker, ein hervorragender Pianist, welcher Kabarettist - den wortblödelnden Gitarrenvirtuosen Willy Astor einmal außen vorgelassen - könnte es sich leisten, Instrumental-Alben zu veröffentlichen. Schließlich hat Hagen Rether über Jahre andere Kabarettisten am Flügel begleitet, bevor der in Bukarest geborene Essener selbst den Mund aufmachte. Doch mit seinen pianistischen Fähigkeiten zu protzen, hat Rether, der als der Senkrechtstarter der vergangenen beiden Jahre gehandelt und vielfältigst mit fast allen namhaften Preisen bedacht wurde, überhaupt nicht nötig. Eher ist es das Understatement, das die Erscheinung des Pferdeschwanzbezopften so einzigartig macht. Unauffällig wie ein Barpianist schleicht er sich mit einigen leisen Akkorden heran, um scheinbar ganz unverbindlich ins Plaudern zu geraten. Hier ein Witzchen, dort eine Übertreibung, da ein Kalauer und schnapp wird der Mittdreißiger plötzlich so treffend und bösartig wie derzeit kaum einer seiner Kollegen. Mit der einschmeichelnden Stimme des netten Psychologen von Nebenan trifft Rether ins Schwarze, sei es beim tagesaktuellen Bundesalltag oder den globalen Zusammenhängen im Großen und Ganzen. Als sich Ende Dezember die Crème des deutschen Kabaretts zu Scheibenwischer-Gala versammelte, blieb es Hagen Rether vorbehalten, mit seinem Vierminutenauftritt den unter die Haut gehenden Höhepunkt des Abends beizusteuern. Auf seiner Webseite kann man sich als Anschauungsbeispiel Rethers geniale Hommage „Mensch Herbert“ auf den bigotten Grönemeyer zu Gemüte führen. Rether braucht nicht die pointierte Nummer, die große Parodie oder den auf Effekt angelegten Sketch, seine Rede ist ein großangelegter, nicht selten dreistündiger Schwall, immer im Fluss und stets auf der Hut, unterlegt vom wendigen und anspielungsreich getupften Klavierspiel. „Kabarett mit Soundtrack“ nennt Rether sein Programm, das auf immer und ewig „Liebe“ genannt werden soll, ohne je zum alten Hut zu verkommen. Stets aktualisiert und bestens recherchiert hält Rether sich und sein Publikum auf dem Laufenden. Bisweilen so geschmacklos und zynisch, wie die Welt eben ist. So gefällt sich Rether in der Rolle dessen, der statt dem Volke auf‘s Maul zu schauen lieber auf‘s Maul haut.