Das dunkle und das helle Deutschland
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Ab und an erinnern uns unsere Staatsoberen an ihre pastorale Vergangenheit. Unsere Kanzlerin ist bekanntlich Pastorentochter, unser Bundespräsident gelernter Pfarrer. Gauck hat zu Beginn der Flüchtlingswelle vom hellen und vom dunklen Deutschland geredet und damit eine Zweiteilung unserer Gesellschaft vorgenommen, in jene die Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen und in jene, die Hetzparolen verbreiten und Flüchtlingsheime anzünden. Wochen später ist er verbal ein Stück zurückgerudert und hat selbst angemerkt, dass die Ressourcen und Kräfte auch eines reichen Landes begrenzt sind. Aber das unbedachte Wort war nun mal in der Welt und wird seitdem wie Merkels „Wir schaffen das“-Parole oft und gern zitiert, natürlich am liebsten von Leuten, die sich dem hellen Deutschland zurechnen. So weit ist es gekommen, dass in unserer Demokratie Differenzierungsvermögen, Skepsis und kritisches Nachfragen unter den Verdacht des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit gestellt und die Gesellschaft in ein schlichtes Schwarzweißraster gepresst wird, wie man das eigentlich nur von Diktaturen und Fantasyromanen kennt. Denn welcher Seite soll man sich denn zurechnen, wenn man wie ich nicht jeden Flüchtling für einen Segen hält, um einen „Wort zum Sonntag“-Redner zu zitieren. Mit meiner Haltung befinde ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis in guter Gesellschaft, ich kenne weder einen, der „Refugees Welcome“-Schilder hochhält, noch einen, der bei Pegida mitmarschiert oder AFD wählt. ARD und ZDF scheinen es sich über weite Strecken zur Aufgabe gemacht zu haben, Stimmung für die Flüchtlinge zu machen.
Das ist gut und edel, hat aber mit objektiver Berichterstattung wenig zu tun und kann auch nach hinten losgehen, wenn die Leute, die vor Ort mit Flüchtlingen konfrontiert werden, feststellen, dass sie dem Bild, das von ihnen gezeichnet wurde, nicht ganz entsprechen. Natürlich hält ein Reporter, der an den neuralgischen Punkten der Flüchtlingsroute Betroffene befragt, sich am liebsten an diejenigen, die offensiv und eloquent in verständlichem Englisch ihre Situation schildern und ihre Meinung kundtun. Das sind sie, die dynamisch jungen Männer, nach denen unsere Wirtschaft giert, die dem Flüchtlingsstrom auch deshalb so positiv gegenübersteht, weil sie fürderhin aus einem schier unerschöpflichen Reservoir von potentiellen Arbeitskräften schöpfen kann. Um die, die nicht gebraucht werden oder nicht zu gebrauchen sind, müssen sich die Unternehmen nicht kümmern, das macht der Sozialstaat. Von einer „Verteddybärisierung“ des Flüchtlings schrieb „Spiegel- Online“ nach einer unsäglichen Galashow, die das ZDF zugunsten der Flüchtlingshilfe eiligst zusammengestoppelt hat. Nein, Flüchtlinge sind weder Monster, die wie der durchgeknallte Pegida-Gründer behauptet, plündernd und vergewaltigend durch unsere Städte ziehen, noch sind sie Kuscheltiere.
Sie sind Menschen, die ihre religiösen und kulturellen Vorstellungen in unser Land bringen und damit zum Teil auch die Konflikte, vor denen sie geflohen sind. In unserer glücklicherweise weitgehend säkularen Gesellschaft verstärken sie das religiöse Element. Das mag die unsägliche Margot Käsmann freuen, mir, der ich Gott sei Dank Atheist bin, wird bei dem Gedanken daran unbehaglich. Im Kampf um bezahlbaren Wohnraum und um Arbeitplätze für Geringqualifizierte werden viele Flüchtlinge notgedrungen in Konkurrenz treten mit den Armen und Bedürftigen, die es auch in unserer Gesellschaft gegeben hat und weiterhin geben wird. Aber solche Verteilungskämpfe werden sich in Stadtvierteln abspielen, die nicht ins Blickfeld von millionenschweren Menschenfreunden wie Til Schweiger und Herbert Grönemeyer geraten. Der Vorschlag, den gerade mit Ach und Krach durchgesetzten gesetzlichen Mindestlohn auszusetzen, verrät, wohin die Reise geht. Man muss keine Schreckensbilder von islamistischen Heerscharen und terroristischen Anschlägen bemühen, um angesichts solcher Zukunftsperspektiven nicht in Jubel auszubrechen. Da hilft keine Schönrednerei und auch kein Gesundbeten: Die Flüchtlinge sind ganz sicher nicht nach Deutschland gekommen, um unserer alternden Gesellschaft auf die Sprünge zu helfen und um rosarote Multikulti-Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Wer das glaubt, kann nicht sehr hell sein, auch wenn er sich dem hellen Deutschland zugehörig fühlt.