Revolution der Muster
Spritzdekor-Keramik um 1930
Museum beim Markt, Karlsruhe, bis 9. Juli
Die Farbe kam als Sprühnnebel aus der Spritzpistole, das Muster entstand mithilfe von Metallschablonen - das Geschirr Ende der 1920er Jahre zeigte sich modern. Statt Blümchen und Landschaften trugen Tasse und Tortenplatte technikinspirierte Dekors aus Quadraten, Dreiecken, Kreisen und sogar Zahnrädern. Die Variationsmöglichkeiten der überaus populären farbenfrohen Muster mit ihren typischen Farbverläufen war schier unerschöpflich. Bunt und geometrisch zierten sie jeden erdenklichen Haushaltsgegenstand vom Obstsieb bis zum Eierbecher. Im Museum beim Markt ist erstmals eine zusammenfassende Ausstellung von überwiegend aus Steingut gefertigter Spritzdekor-Keramik zu sehen, die heute eine große Sammlergemeinde hat. Mit viel Sinn fürs anschauliche Detail gestaltet, präsentiert die Schau die Zuckerdosen, Schüsseln, Aschenbecher und Kakteenübertöpfe nicht nur in Vitrinen, sondern auch in vier stil- und zeitgetreu eingerichteten Zimmernachbauten aus den 1930er Jahren. Deutlich ist der Einfluß von Künstlern wie Wassily Kandinsky, Robert Delaunay und Piet Mondrian auf die Gestaltung der Keramik, hier war das Anliegen der künstlerischen Avantgarden, breite Bevölkerungsschichten zu erreichen, verwirklicht. Im Zuge der nationalsozialistischen Gesellschaftsprägung verdrängten dann wiederum vermeintlich volksnahe Dekors die geometrischen Spritzdekormotive, die nun als bolschewistisch verfemt wurden, die Blümchentasse kehrte zurück. afr