Archiv Ausgabe September 2017 Theater, Comedy, Show Theater und Show

Theater in der Orgelfabrik

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30 Jahre und 50 Stücke, für Franco Rosa und Gabriele Michel (Foto) scheint es wie ein langer Traum. Sie kamen aus den krustigen Strukturen der Stadttheater und träumten von einem eigenen Theater. Einem inspirierenden Raum, den sie 1987 eher zufällig in der Karlsruher Orgelfabrik fanden. Aber kalt wie ein Kühlschrank und damals nicht beheizbar, weshalb aus dem Theater in der Orgelfabrik schnell ein Sommertheater werden sollte.  
 
Eine kurze Saison mit ein bis zwei Stücken, die das Jahr über sorgsam vorbereitet werden, um das alte Industriegemäuer in einen ganz besonderen Zauber zu setzen, der die Fantasie beflügelt. Seit 30 Jahren sind es die immer selben Motive und Autoren, die Poesie und Kreativität des in Mailand promovierten Philosophen Franco Rosa und der in Hamburg studierten Schauspielerin Gabriele Michel anregen. Dichter wie Franz Kafka und Edgar Allen Poe, klassische Theatermacher wie William Shakespeare oder Carlo Goldoni, einzigartige Orte wie Venedig, verlassene Häuser und geheimnisvolle Geschichten, in denen es nicht mit rechten Dingen zugeht, und die sanften Grusel mit ironischem Spott vereinen.  
 
Aus literarischen Motiven, historischen Begebenheiten und der eigenen Vorstellungskraft entspringen denn die Stoffe, die Michel meist über den Winter im indischen Wahldomizil aufs Papier bringt und Rosa dann ab dem Frühsommer in Durlach inszeniert: „Ich liebe das Collagenartige“, sagt Rosa, der wichtige Einflüsse für sein Theater von der Tanztheaterikone Pina Bausch erhielt, mit der er in Italien über Jahre intensiv als Tourleiter und Übersetzer zusammenarbeitete:  
 
„Auch die ungeteilte Energie und die Lebendigkeit, mit der sich alle an der Stückentwicklung beteiligten, das kannte ich vom konventionellen Theaterbetrieb so nicht.“ In seinen Stücken ist es ihm wichtig, dass schaupielerische Leistung, musikalische Stimmigkeit und das Licht im Raum zu einem Gesamtklang finden. Häufig lässt er wie manche Hollywoodregisseure seine Spieler zu einer Hintergrundmusik proben, um in die richtige Stimmung zu kommen. Und für das Licht hat er mit Peter Schmitt seit Anbeginn eine dritte Kraft im Bunde, der die Orgelfabrik wohl kennt wie kein anderer und dennoch Jahr für Jahr überraschende neue Aspekte durch seine virtuose Arbeit hervorkitzelt.  
 
Auch die anderen Ensemblemitglieder, die als Theaterprofis daneben mehr oder weniger theaternahen Berufen zum Broterwerb nachgehen, bleiben dem Sommertheater in der Regel über viele Jahre verbunden und sind dabei bereit, mit Michel und Rosa durch dick und dünn zu gehen. Denn nicht immer konnten sich die Theatermacher so im Erfolg sonnen wie im Vorjahr, als das „Das Haus in der Rue Morgue“ nach Motiven von Edgar Allen Poe stets ausverkauft war. „Am Ende der Saison waren alle Spieler so begeistert, dass sie unbedingt ihre Rollen weiterspielen wollten“, sagt Michel. „So haben wir mit denselben Figuren ein neues Stück geschrieben.“ Die beiden Protagonisten, die im vergangenen Jahr als Kaufinteressenten in der Rue Morgue das heruntergekommene Etablissement mit zweifelhafter Vergangenheit bezogen, wollen nunmehr Hochzeit feiern, und alle mehr oder weniger liebenswürdigen Gestalten, die ihnen damals das Leben mehr oder weniger schwer machten, kehren wieder. Und doch handeit es sich bei der „Hochzeitsnacht in der Rue Morgue“ um keine Fortsetzung. Ein völlig neues Stück - nur die Menschen und das Haus bleiben das, was sie waren. Absonderliche Träume, inspiriert von Edgar Allan Poe, machen es bei dieser recht ungewöhnlichen Hochzeitsnacht wieder schwierig zwischen Wirklichkeit und Illusion zu unterscheiden. jf  
 
> bis 30. September 2017 jeweils Freitag und Samstag, Theater in der Orgelfabrik, Karlsruhe-Durlach, Amtshausstraße 19, 20 Uhr; außerdem 6., 13. und 20. September, Mittwochsreihe „In der Welt der Musik“.

Orgelfabrik Durlach

Amthausstr. 17
76227 Karlsruhe
 
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