Eva Derleder
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Als Winnie auf der Bühne
"Strenge" - das ist ein Begriff, den Eva Derleder immer wieder verwendet, wenn sie über sich und ihre Arbeit als Schauspielerin spricht. Wie widersprüchlich sie jedoch ist, zeigt nicht nur das "Kompliment" des Regisseurs Peter Lüdi, sie sei "chaotisch", sondern ihre gesamte Biografie. Geboren und aufgewachsen ist Eva Derleder im schwäbischen Göppingen. "Meine Mutter war Ärztin und hatte sehr strenge Regeln", erinnert sie sich, schließlich musste sie die Familie im Krieg durchbringen. Die kleine Eva wollte schon bald Schauspielerin werden: "Im Kindergarten habe ich eine kleine Prinzessin gespielt und bemerkt, dass meine Eltern mich danach noch mehr geschätzt haben." Wichtig war vor allem der zehn Jahre ältere Bruder. "Er glaubte an mich", erzählt Eva Derleder, und so zog sie nach dem Abitur zu ihm und seiner Familie nach Kiel, wo sie Französisch und Deutsch zu studieren begann. "Kalt und einsam", so ist ihr diese Episode im Gedächtnis geblieben.
Das Ende der Sechziger Jahre brachte nicht nur eine frühe Ehe ("eine Schulliebe aus der Theater-AG"), die bald wieder scheiterte, sondern auch eine Schauspielausbildung in Hamburg bei Hildburg Frese. Anfang der Siebziger Jahre hatte Eva Derleder erste Engagements in Bruchsal und in Pforzheim. Gerade letztere Station war eine schwierige: "Ich war eine unglückliche, dicke, junge Frau, die oft Diät machte." In dieser Zeit habe sie gelernt, dass es ein Leben jenseits der Literatur, jenseits des Schauspiels gibt, dass das Schlüpfen in Rollen "eine Art Deformation ist." Mehr noch, dass es strenge Regeln im Leben gibt, etwa dass man dieses nicht rauschhaft lebt. "Ich erinnere mich", schmunzelt Eva Derleder, "dass ein Kollege zu mir sagte, 'Ich würde auch gerne jeden Tag mit einer Frau schlafen, aber das geht nicht'".
Die nächsten Stationen führten quer durch die Theater der Republik. "In Mannheim", so erzählt sie, "hatte ich einen schweren Autounfall, dadurch lernte ich Tschechow verstehen." Es folgten Stationen in Bielefeld, Berlin, Stuttgart und Baden-Baden. Neustrelitz sei wieder eine wichtige Erfahrung gewesen, wieder sei sie ganz auf sich gestellt gewesen. In Baden-Baden verlangte Peter Lüdi wieder "Strenge" einmal rief er ihr zu: Nicht fühlen, denken!. Unter anderem spielte sie dort Charlotte von Stein.
Nun hat Eva Derleders fünfte Spielzeit am Badischen Staatstheater angefangen. Es sei eine Phase in ihrem Leben, in der sie gelernt habe, "die Wirklichkeit richtig einzuschätzen", wobei man im Gespräch schnell bei Samuel Beckett anlangt. Die Schauspielerin steht derzeit unter anderem in Becketts Solo-Stück "Glückliche Tage" als Winnie auf der Bühne. "Das ist meine Rolle", sagt sie mit Nachdruck. "Winnie ist stark, läßt sich nicht unterkriegen, und sie betrügt sich selbst nach Strich und Faden. Sie flieht vor der Vergänglichkeit, versucht sich diese schönzureden und ist gleichzeitig mit kleinen Dingen glücklich," skizziert sie und erinnert sich an eine ihrer ersten Theater-Erfahrungen als kleines Mädchen. Schon damals war sie beeindruckt vom Motiv der Vergänglichkeit, dem Motiv der Vanitas. "Im Salzburger Großen Welttheater von Hofmannstal muss sogar die Schönheit ihren Spiegel zurücklassen als es ans Sterben geht. Alles spielt keine Rolle mehr." maske
> Glückliche Tage, So 15. und So 22. Okt. jew. 20 Uhr, Insel, Karlstr. 49 b -