Mit Unter-Haltung durch die Krisen
Sandkorn im Theaterhaus
Wie unterhaltsam ist denn das? Aristophanes Kriegskomödie
"Lysistrata" und der schwarzhumorige
"Der Tatortreiniger" (Bild oben rechts - Foto: Jürgen Schurr) kommen im Mai auf die Bühnen des Sandkorn. Klappe Auf unterhielt sich mit dem künstlerischen Leiter Erik Rastetter über die Theatersituation zwischen Corona und Ukrainekrieg.
Wie kommt denn das Sandkorn aus der Coronazeit heraus?
Erik Rastetter: Für uns ist nach wie vor längst noch keine normale Zeit angebrochen. Im besten Fall wird Corona zum Sommer hin ausplätschern, aber ich blicke nicht allzu optimistisch auf den Herbst. Die Theatergänger entscheiden sich gegenwärtig noch sehr kurzfristig und der Zuspruch ist ziemlich unberechenbar. Das kann bedeuten, dass wir zum Beispiel an einem Freitag richtig voll sind, am Sonntag das selbe Stück aber so schwach besucht ist, dass wir uns fragen, ob wir überhaupt spielen. Momentan verstärkt sich beim Publikum auch der Trend, sich vor allem das anzuschauen, für das man eine Anknüpfung hat und was bekannt erscheint. Als Theaterbetrieb kommen wir freilich dank verschiedener Überbrückungshilfen bislang schon durch diese Zeit.
Von der Corona-Zeit sind wir nahtlos in den Krieg in Europa gerutscht. Das Sandkorn thematisiert mit der Jugendclubstück "Lysistrata" schon im Untertitel den Krieg, allerdings in einer erklärtermaßen "vergnüglichen Version" des antiken Stoffes. Das ist aber wohl kaum so kurzfristig entstanden, oder?
Rastetter: Das Jugendclub-Stück ist schon seit dem letzten Herbst geplant, da die Gruppe sich damals für diesen Stoff entschieden hat. Es geht ja darum, dass sich die Frauen aus Protest gegen den von den Männern geführten Krieg sexuell verweigern. Der Plot des antiken Klassikers, der in einer modernisierten Fassung auf die Bühne kommt, wurde angesichts der aktuellen Situation nicht geändert, aber leider ist das Grundthema sehr aktuell geworden. Wir sind sehr froh, dass wir endlich wieder einen Jugendclub auf der Bühne haben. Denn die Jugendclubs wurden ebenso wie das Inklusionstheater Die Sp!nner oder das Seniorentheater Basta schwer von der Coronazeit gebeutelt. Diese Gruppen waren durch die Verordnungen komplett ins Aus gesetzt, da es natürlich sehr schwierig ist, den Zusammenhalt aufrechtzuerhalten, wenn man über lange Zeit gar nicht, oder allenfalls digital proben kann. Dies kann das Erlebnis in direktem Kontakt miteinander kreativ zu sein in keiner Weise ersetzen. das merken wir auch bei nden Anmeldungen für die Schultheaterwoche im Juli, die auf die Premieren von den Sp!nnern und Basta im Theaterhaus folgt.
Eine Wiederaufnahme erfährt im Mai die schwarzhumorige Comedy "Der Tatortreiniger" mit Sven Djurovic. Kann man in diesem Monaten solche Stücke überhaupt spielen?
Rastetter: Ich habe mir angesichts des Kriegs in Europa schon die Frage gestellt, ob man den gesetzten Spielplan überhaupt fortführen kann, und ich bin für mich zu der Antwort gekommen, dass man dies aus zwei Gründen tun sollte. Zum einen kann man sich nicht 24 Stunden am Tag mit Krisen beschäftigen und die Nachrichten verfolgen. Der Mensch braucht auch eine Auszeit, in der er Abstand gewinnen kann, um seine seelische Gesundheit zu erhalten. Zum anderen kann das Theater auch selbst etwas tun und bewirken. So haben wir zum Beispiel etwa in Kürze 20 Künstlerinnen und Künstler für einen Benefizabend zusammenbekommen, der ein beeindruckendes Spendenergebnis für die Flüchtlingshilfe erzielte. Den Tatortreiniger sehe ich in der Funktion, die Theatergänger einmal für zwei Stunden aus dem Krisenmodus herauszubekommen. Die Inszenierung finde ich sehr gelungen und sie ist beim Publikum im vergangenen Herbst sehr gut angekommen.
Das Sandkorn hat sich vor viereinhalb Jahren als Produktionstheater mit eigenen Stückentwicklungen neu aufgestellt. Hat sich dieses Vorhaben als erfolgreich erwiesen?
Rastetter: Das ist aus der heutigen Sicht nicht ganz einfach zu beantworten, weil uns Corona seit zwei Jahren eben das Theaterleben schwer macht und natürlich die Bilanz verzerrt, da die Umstände drumherum eben viel beeinflussen. Aber seit Anfang 2018, als das mittlerweile nicht mehr ganz so neue Sandkorn seine erste Premiere herausbrachte, sind mehr als die Hälfte der gezeigten Stücke hier am Haus entwickelt worden und für das Haus entstanden. So begann etwa Sven Djurovics "Im Westen liegt Osten" aus einer kurzen Szene von der Anfangsidee bis zum fertigen Stück in einem mehrjährigen Prozess. Besonders erfolgreich sind unsere selbst entwickelten musikalischen Komödien. Dieses Vorgehen hat sich eindeutig als Charakteristikum für das aktuelle Sandkorn etabliert und wir bekommen dafür sehr viel positive Rückmeldungen. Diese Linie werden wir auf alle Fälle beibehalten. Daneben spielen wir Stücke, die unserem Motto "Unterhaltung mit Haltung" entsprechen, also Stücke, bei denen man unter Umständen herzhaft lachen kann, bei denen man aber auch einen Inhalt mit bekommt. Nichts gegen Unterhaltung, die braucht das Theater, um die Menschen mit Geist, Seele und Herz zu erreichen, aber sich nur über Oberflächkeiten zu amüsieren, passt nicht in unser Programm.
> ab 13.5. "Lysistrata - Der Krieg muss weg", Jugendclubproduktion,
> ab 27. Mai 2022 "Der Tatorteiniger, Das Sandkorn, Theaterhaus Karlsruhe, Kaiserallee 11