Kunstbuch des Monats:
"Das Fremdenverkehrsamt in Las Vegas hat herausgefunden, was Besucher von der Stadt erwarten. Der Anblick von gefälschter Architektur lag nicht an erster Stelle. Sie wollten ein Parallel-Universum, in dem die Gesetze von Tag und Nacht sowie Gut und Böse aufgehoben sind. So hat das "MGM Grand" kurzerhand seinen Vergnügungspark geschlossen, um eine Kopie des ´Crazy Horse` aus Paris zu eröffnen."
"Tausende Kilometer fernab von Jerusalem haben ein Baptisten-Pastor und dessen Gemeinde zentrale Stätten des Heiligen Landes nachbauen lassen. Nun können Besucher unbehelligt von der Terrorfurcht im Nahen Osten das Felsengrab, die Qumran-Höhlen und sogar den vor 2000 Jahren zerstörten Jerusalemer Tempel besichtigen."
Zwei Zitate aus "Munitionsfabrik" Nr. 17, dem von Katharina Neuburger und Jörg Scheller herausgegebenen Magazin der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Eine Veröffentlichung, die gegen die Bildungslosigkeit unserer Gesellschaft auf der Anstrengung des Begriffs insistiert. Im Zentrum: Die Simulationsthesen von Jean Baudrillard. Erfreulich, dass man auch Hinweise auf Auswege aus dem Labyrinth der Hyperrealität findet. Z.B. bei Marc Jongen. Seine These: Mit der "magischen Matrix", vor Jahren bereits von Dietmar Kamper ins 'Spiel gebracht, kann es gelingen, der äußeren Hyperrealität die entsprechenden inneren "Hyperbilder" d.h. Einbildungskraft) an die Seite zu stellen" (S. 88). Als Fazit wäre festzuhalten: Zum Glück ist die Simulation niemals perfekt.
(Munitionsfabrik 17, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, 2007, 134 S., Euro 12.90)