Archiv Ausgabe September 2007 Verschiedenes Meldungen

Matthias Kußmann

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Autor hilft Dichter

„Schönheit kristallisiert sich am ehesten im Gedicht“, sagt Matthias Kußmann und erklärt so seine Vorliebe für die kleinste Gattung der Literatur. Der Karlsruher Literaturwissenschaftler begleitet seit vielen Jahren einen der bedeutendsten Autoren deutscher Sprache, nämlich Walter Helmut Fritz.  
Gerade hat er dessen letztes Buch, den Gedichtband „Offene Augen“ herausgegeben, und zwar deshalb, weil der schwerkranke Karlsruher Dichter dazu selbst nicht mehr in der Lage war. „Fritz hat mir erlaubt, seine Bibliothek zu benutzen, ich habe die verbliebenen unveröffentlichten Texte gesichtet, lektoriert und die Zusammenstellung mit ihm besprochen“, berichtet Kußmann, der gegenwärtig auch eine 3.500 Seiten umfassende Werkausgabe vorbereitet, die in einigen Jahren bei Fritz’ Verlag Hoffmann & Campe erscheinen soll.  
Kußmann ist „freier Autor“, ohne selbst belletristische Texte zu schreiben. Die Literatur steht dennoch bei seinen Arbeiten im Vordergrund.  
Seine Rundfunktexte, „von der Dreiminutenbuchkritik bis zum einstündigen Feature“, sind regelmäßig im SWR, Deutschlandfunk, dem Bayerischen oder Mitteldeutschen Rundfunk zu hören. „Einfachheit und Klarheit“ sucht er bei Schriftstellern, die meist nicht im Rampenlicht oder im großen Feuilleton stehen, Autoren wie Rainer Malkowski oder Werner Lutz, aber auch bei bildenden Künstlern wie Franz Bernhard oder der fast vergessenen Freiburger Malerin Hanni Rocco. Mit Bernhard und Walter Helmut Fritz gestaltete Kußmann einst einen aufwändigen bibliophilen Band, den er zusammen mit Ralf Stieber in der „Reihe 2“ herausgab, über Hanni Rocco bereitet er ein größeres Feature sowie eine Ausstellung vor. 
Der 41-Jährige, der zeitweise auch Jugendbücher aus dem Englischen übersetzte, sagt, er habe inzwischen das Glück, sich seine Themen selbst aussuchen zu können. So kam es nicht nur zu Sendungen und Publikationen über Autoren, Künstler und Verlage, die vielleicht ohne Kußmann gar nicht wahrgenommen würden, sondern auch zu unterhaltsamen Features über „Die Kulturgeschichte des Koffers vom Weidenkorb bis zur Hartschale“ oder über den „Regen in der Literatur, ein Spaziergang durch verschiedene Tröpfchengrößen“. 
Die letzten „Gedichte und Aufzeichnungen“ von Walter Helmut Fritz bezeichnet Kußmann als „zwar Fritz-typisch, aber noch konzentrierter, lakonischer, mithin besser“ als die in den voran gegangenen Büchern versammelten. Nun geht es ihm darum, noch zu Lebzeiten des großen Karlsruher Dichters die kommentierte Werkausgabe fertigzustellen, vier umfangreiche Bände mit Lyrik, Aufzeichnungen, Romanen, Erzählungen, Essays und Übersetzungen sowie einem unveröffentlichten Theaterstück. Kußmann verschweigt nicht, dass der Verlag noch einen potenten Sponsor sucht, ist aber gleichzeitig optimistisch angesichts der Bedeutung des Werks von Walter Helmut Fritz, auch wenn dieser zu den Stillen im Land gehört und nie groß von sich reden machte wie etwa seine Altersgenossen Robert Gernhardt, Hans Magnus Enzensberger oder Peter Rühmkorf. maske 
 
Walter Helmut Fritz: Offene Augen. Gedichte und Aufzeichnungen. Herausgegeben von Matthias Kussmann. Verlag Hoffmann & Campe, 96 Seiten, 17,95 Euro