Archiv Ausgabe November 2007 Verschiedenes Herbies Cartoon

Rauchverbot und Rauchernot

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Endlich haben es die EU-Richtlinien und der deutsche Gesetzgeber geschafft, der Raucher hat in Lokalen und öffentlichen Räumen nichts mehr zu bestellen. Er wird vor die Tür geschickt, mag es regnen oder schneien. „Wir müssen draußen bleiben“.  
So wird Hunden, genauer gesagt, ihren Besitzern an den Eingangstüren von Bäckereien, Metzgereien und Lebensmittelläden signalisiert. „Wir müssen draußen bleiben“ wird jetzt den Rauchern an vielen Orten signalisiert, die Raucher bleiben vor der Tür, die Hunde, bekanntlich eingefleischte Nichtraucher, dürfen rein.  
So geht es hin ein Stück traditioneller Geselligkeit im Zeichen des blauen Dunstes, für die natürlich fanatische Nichtraucher (wie kann man eigentlich fanatisch etwas nicht tun´) absolut kein Verständnis haben.  
 
Aber vor dem allgemeinen Raucherverbot gab es sie noch die Raucherkneipen, sie hießen natürlich nicht so, sondern etwa „Ritchie´s Treff“ oder „Rebstöckle“, aber es war klar, dass in ihnen viel getrunken und viel geraucht wurde. Wer da hin und da hinein ging, der wusste, dass er sich nicht in eine rauchfreie Zone begab. Die Zigarette zum Bier und zum Skat war obligat. Ich schreibe in der Vergangenheitsform, weil es nicht zu erwarten ist, dass „die kleine Kneipe in unserer Straße“, die einst Peter Alexander besungen hat, das Rauchverbot in Gaststätten lange überlebt.  
In diesem Herbst kann man das seltsame Schauspiel miterleben, dass sich die Hälfte der Kneipenbesucher außerhalb der Kneipe auf der Straße befindet, rauchender- und quatschenderweise, zwei Tätigkeiten, denen sie ohne Anstoß zu erregen hinter der geschlossenen Tür nachgehen könnten. Drinnen trinken die anderen Gäste noch ein paar Schlucke Bier, ehe sie ihre Nikotinsucht ebenfalls vor die Tür treibt. Gemütlichkeit sieht anders aus.  
Ungemütlich wird es auch für die Bewohner der Straße , die es nun mit den Lärmemissionen der angetrunkenen und an Lautstärke zunehmenden Kneipengäste zu tun bekommen. Nein, besonders fein ist das Publikum solcher Kneipen nicht, aber dieses Problem wird sich erledigen mit ihrem Ende, das mag man bedauern oder nicht. Aber man soll nicht behaupten, dass das Rauchverbot nichts damit zu tun hat.  
Die so genannte gehobene Gastronomie wird das Rauchverbot überleben. Rauchen ist schon längst unmodern geworden in diesen Kreisen, und gewöhnlich wird die Zigarette unter vornehmen Leuten wieder eingesteckt, wenn eine Dame am Tisch auch nur das Näschen rümpft. Aber das ändert ja nichts daran, dass auch besser situierte Zeitgenossen, wenn sie mit Zigarette, Zigarillo oder Zigarre vor die Türe gehen, ein Stück von Gemütlichkeit und Geselligkeit nach draußen zu retten versuchen.  
So wird halt auch in besseren Kreisen und vor teueren Bistros, Brasserien und Restaurants mit den Leidensgenossen geplappert, gescherzt und gelacht und die Nachtruhe gestört, die nur denen nicht heilig ist, die entweder taub, absolut geräuschunempfindlich oder gerade nicht zuhause sind. Wer einen Biergarten in der Nachbarschaft hat, der muss in lauen Sommernächten damit rechnen, dass er irgendwie auf Distanz mit am Tisch sitzt.  
 
Outdoor-Gastronomie 
Aber dass Lokale, deren Betrieb sich normalerweise hinter verschlossener Tür abspielt, notgedrungen nun auch noch eine Form von Outdoor-Gastronomie entwickeln, damit konnte man nicht rechnen. Da die Wirte die Raucher nicht ganz vergraulen wollen, auch wenn sie sie ungastlich vor die Tür setzen müssen, machen sie es ihnen wenigstens so angenehm, wie es halt unter diesen Umständen geht. Dazu gehört in kälteren Nächten das Aufstellen von Heizstrahlern oder Heizpilzen, die machen warm, die verbrauchen Energie und die stoßen im Falle der Heizpilze eine gehörige Portion CO2 aus. So wird eine Maßnahme, die der Hebung des Kleinklimas in den Lokalen dient, zu einem Bärendienst für die Klimapolitik im Großen und Ganzen.  
Gerade war man dabei sich in der hiesigen Gastronomie zu arrangieren, ein verträgliches Auskommen zwischen den Nichtrauchern und der schwindenden Zahl von Rauchern zu finden (nicht zu vergessen, die paar Genusspfaffer, die sich in trauter Runde bei einem Glas Wein oder einer Tasse Kaffee einen Zigarillo genehmigen), da schlägt der Gesetzgeber mit dem ganz großen Hammer zu und macht alle und alles gleich rauchfrei: die kleine, rauchgeschwärzte Kneipe, in der seit Anno Tobak scharf gegessen, scharf getrunken und scharf geraucht wurde, und das Nobelrestaurant, in dem es ohnehin schon zum guten Ton gehörte, bei Tisch nicht zu rauchen (und das nebenbei auch die Räumlichkeiten und die Mittel hat für die Gäste, die partout vom Nikotin nicht lassen wollen, einen separaten Raum einzurichten).  
Was kommt als nächstes´ Alkoholfreie Weinstuben und Biergärten´ Mal sehen, wohin uns ein entfesselter, pathologischer Gesundheitswahn noch führt - hin zu einem rauch-, alkohol- und genussfreien Leben, das wir schließlich bei bester Gesundheit im Alter von 120 Jahren beenden´´  
Ich werde es (hoffentlich!) nicht mehr erleben.