Nazis raus
Rechte Reaktion
Sobald es Meldungen gibt, dass eine rechtsextrem orientierte Gruppierung oder Partei sich Karlsruhe als Ziel für eine Demonstration ausgesucht hat, schon reagieren die Gutmenschen wie der demokratisch denkende Mensch von der Gegenseite gerne tituliert wird mit Fassungslosigkeit. So auch jetzt.
Kaum hat sich die Tendenz verdichtet, dass die rechtsextreme NPD in Durlach eine Parteizentrale oder Anlaufstelle einrichten will. Wieder regt sich Widerstand, diesmal allerdings breiter angelegt und durchaus originell. Stuhlgang gegen Rechts, das hatte etwas. Erfreulich ist dabei vor allem, dass der Widerstand gegen rückwärts gerichtetes Gedankengut von einer breiteren Masse von Menschen quer durch alle Schichten getragen wird. Das war nicht immer so. Weil sich in der antifaschistischen Bewegung auch Gruppen aus dem weit links angesiedelten Spektrum beteiligen, wollten sich viele Lokalpolitiker, insbesondere aus der CDU, lange Zeit nicht aktiv am Protest beteiligten - das hat sich geändert.
Es wurden in der Vergangenheit vom Gemeinderat Resolutionen und Erklärungen verabschiedet, es wurde kund getan, dass man so etwas in Karlsruhe nicht haben möchte. Mit bescheidenem Erfolg, zumal stets im Hinterkopf steckte, dass es sich bei den Neonazis ganz sicher nicht um Einheimische, sondern um Zugereiste handelte. Eine Beruhigungspille, der man nur zu gerne nachgegeben hat ohne zu bedenken, dass gerade die Karlsruher Kameradschaft lange Jahre als eine der aktivsten Neo-Nazi-Gruppen im Südwesten galt und deren ehemalige Mitglieder der zwischenzeitlich aufgelösten Neo-Nazivereinigung wie der Karlsruher Hartwin Kalmus oder Pablo Allgeier schaffen es immer wieder, für negative Schlagzeilen zu sorgen. Zuletzt bei einem gerade noch verhinderten Konzert der Kneipenterroristen, die im Februar in einem Lokal in der Karlsruher Südstadt eine Große Böhse Onkelz Nacht veranstalten wollten.
Doch inzwischen ist man in Karlsruhe offensichtlich hellwach und sehr sensibilisiert, wenn es um Aktivitäten aus der rechten Ecke geht. Wie insbesondere die Vorgänge in der Badener Straße in Durlach verdeutlichen. Die Geschwindigkeit, mit der die Stadtverwaltung eine Änderung des Bebauungsplans durchdrückte und so die rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung eines NPD-Zentrums ausschöpfte, war mehr als bemerkenswert.
Die Stadtverwaltung hat sich sehr mutig verhalten, lobt etwa Bettina Lisbach von den Grünen, die auch die Kollegen im Gemeinderat ins Lob mit einband. Wir waren uns von Anfang an einig und keine der Parteien hat versucht, sich zu profilieren. Man sei jetzt auf einem guten Weg den es weiter zu gehen gilt.
Vor allem in der Jugendarbeit müsse man aktiv werden und Multiplikatoren finden - sagt auch Durlachs Ortsvorsteherin Alexandra Ries von der CDU. Wir müssen Lehrer und Sozialarbeiter, also jene, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, mit einbinden und sensibilisieren.
Mit der Veranstaltung in der Karlsburg sei Ende Mai ein guter Auftakt gelungen und positiv sei, dass sich Polizei und Verfassungsschutz bereit erklärten, künftig häufiger in die Schulen zu gehen, um über die Köder der Neo-Nazis und ihre verharmlosenden Argumente zu berichten. Argumente, die derzeit leider wieder verstärkt auch in der Mitte der Gesellschaft vertreten werden. Sei es dass wie von Eva Hermann vorgetragen die Familienpolitik im Dritten Reich gelobt wird, oder die damals angeblich vorhandene Sicherheit auf der Straße glorifiziert wird, der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit oder Hitlers vermeintliche Wohltat, den Bau der Autobahnen. Legenden in dieser Richtung gibt es genügend und diese werden selbst von Lehrern noch immer ihren arglosen Schülern erzählt.
Der Widerstand gegen das NPD-Zentrum in Durlach hat auch bewirkt, dass die Politik insgesamt hellhöriger geworden ist. Wenn der Stadtjugendausschuss kommt und Geld für Projekte gegen Rechts braucht, wird er es sicherlich bekommen, ist sich Lüppo Cramer von der Karlsruher Liste sicher.
Ähnlich sieht es auch Michael Obert von der FDP. Wir müssen gezielt dort ansetzen, wo es für rechtes Gedankengut anfällige Stadtviertel gibt. Etwa über Vereine, Fan-Projekte oder bei Veranstaltungen. Denn, das stellt Obert eindeutig klar, falls die politischen Rechtsausleger sich an andere Stelle im Stadtbild breit machen würden, hätte die Stadt kaum rechtliche Möglichkeiten, dies zu verhindern. In Durlach haben wir gute Chancen, doch falls jemand der NPD in der Kaiserstraße ein Haus vererben würde, würde es mehr als schwierig. Da könne dann nur Aufklärung helfen.
Darauf setzt auch die SPD. Wir brauchen konzertierte Aktionen aller demokratischen Parteien und müssen uns noch stärker um die Menschen kümmern, sagt Angela Geiger von der SPD. Dort wo es soziale Härten oder Absurditäten etwa der Hartz-Gesetzgebung gebe, müssten auch die Parteien als Ansprechpartner für die Menschen da sein. Diesen Job dürfe man keinesfalls der NPD überlassen, die mit ihren Kümmerern in den östlichen Bundesländern den demokratischen Parteien den rang abzulaufen drohe. Glücklicherweise, so Obert, sei Karlsruhe im sozialen Bereich bereits jetzt sehr gut aufgestellt. Doch trotzdem gebe es Menschen, an die man sehr schwer ran komme und die anfällig für rechtes Gedankengut sind. So etwas macht mich schon ratlos.
Bei der Stadt ist man jedenfalls weiterhin fest entschlossen, die NPD nicht Fuß fassen zu lassen. Wir haben klare Position bezogen und werden weiter machen, stellt Helga Riedel vom Presseamt klar. -win
> Mit einer Veranstaltungsreihe, die am 14. Juni ab 14 Uhr im Konzerthaus ihren Auftakt hat, will man vor allem auch Jugendliche erreichen. Vor allem geht es aber darum, die gesamte Bevölkerung zu sensibilisieren. Der Kampf gegen Rechts kann nicht allein Aufgabe der Parteien oder der Stadt sein, er ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die gemeinsam angegangen werden muss.