Archiv Ausgabe Oktober 2011 Verschiedenes Meldungen

Rainald Grebe

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Interview

> Sa 12.11., 20 Uhr, Stadthalle-Brahmssaal, Festplatz Karlsruhe 
 
Rainald Grebe 
....Orchester der Versöhnung 
 
 
Er ist Träger des Deutschen Kleinkunstpreises 2011, im vergangenen Sommer kamen 14.000 Menschen zu seinem Bühnenspektakel in der Berliner Schaubühne, er schreibt Theaterstücke und gibt solo kabarettistische Liederabende. Er paart Traurigkeit mit Witz, seine Kunst ist sperrig und kauzig und dennoch begeistert sie ein breites Publikum. Rainald Grebe scheint der Mann der Stunde und zeigt sich selbst über seinen Erfolg überrascht. Klappe Auf unterhielt sich mit ihm im Vorfeld seines Karlsruher Gastspiels mit der zum Orchester verstärkten Kapelle der Versöhnung. 
 
Sie sind mit bösen Hymnen auf „Brandenburg“ oder „Thüringen“ berühmt geworden. Was unterscheidet für Sie nach über 20 gemeinsamen Jahren immer noch die östlichen Bundesländer vom Rest der Republik´ 
 
Grebe: Mehr als die Hälfte der Menschen, die dort heute leben, haben noch ein anderes System erlebt. Diese Veränderung war das heftigste, dieser Bruch für die Menschen das Nachhaltigste, was dem Land in der jüngsten Vergangenheit passiert ist. Deswegen wollte ich damals ja auch hin. Gerade bin ich wieder im Westen, und da fällt schon auf, dass sich hier über die Zeit nichts verändern musste und vielleicht auch die Zeit für eine Renovierung reif wäre. 
 
Was fällt Ihnen spontan zu Baden-Württemberg ein´ 
 
Grebe: Nun, hier hat sich ja etwas getan. In zwei Jahren fällt Bayern, dann erreicht die Veränderung auch Westdeutschland.  
 
Sie sind nach wie vor mit Soloprogrammen oder der dreiköpfigen Kapelle der Versöhnung unterwegs. Was ist der Reiz einer ganz großen Besetzung mit Streichern und allem Pipapo´ 
 
Grebe: Die Gemälde werden größer. Mich hat die Opulenz gereizt, dass vom fetten Sound bis zum Soloquatsch alles möglich ist. Sparsam und variantenreich eingesetzt bleibt aber jeder einzelne wichtig und wird nicht zum Teil einer Soße. 
 
Wenn man sich verfügbare Ausschnitte Ihres Programms mit dem Orchester der Versöhnung anschaut, hat man den Eindruck einer Mischung aus Operette, avantgardistischem Theater und anarchischem Kindergeburtstag. Was würden Sie auf der Bühne nicht machen´ 
 
Grebe: Ich sehe das in erster Linie als Theater, und Theater sollte grenzenlos sein, von daher würde ich erst einmal nichts prinzipiell ausschließen. Ich mag das Spektakel gerne, die wilde, weite Welt auf die Bühne zu bringen, aber ich bin ein beständiger Formenwandler. Nach den 120 Mitwirkenden auf der Berliner Waldbühne zieht es mich jetzt wieder zum Solo. 
 
Wer über Sie schreibt, weiß nicht so recht wie er Sie einordnen soll. Kabarettist, Liedermacher, Komödiant, Autor, Bühnenanarchist´ Aus welcher Richtung kommen Ihre Vorbilder und persönlichen Heroen´ 
 
Grebe: Das sind Leute, die einen ganzen Kosmos mit sich schleppen, nichts auslassen und sich auf alle möglichen Felder wagen und beständig morphen. Leute wie Schlingensief, Helge Schneider... 
 
Inwiefern gehören Melancholie, Beleidigung und Komik zusammen´ 
 
Grebe: Man kann sagen, Traurigkeit, Depression und Komik gehören unbedingt zusammen, das eine geht ohne das andere nicht. Sich etwas herauszugreifen und draufzuschlagen, um es genauer begreifen zu können, gehört schon auch dazu. Doch passiert das bei mir immer vielschichtig und nie nur eindimensional. Meistens richtet sich das dann auch gegen mich selbst, denn letztlich geht es darum, sich in Beziehung zu setzen. 
 
Sie haben in Berlin Figurentheater studiert. Wie kamen Sie darauf und was haben Sie von dieser Zeit mitgenommen´  
 
Grebe: Als ich nach Berlin ging, wollte ich eigentlich keine Schule mehr von innen sehen, bin aber schnell auf Grund gelaufen. Durch Zufall stieß ich auf den Studiengang, der mir als perfekte Mischung aus all den Straßenkünsten erschien. Das wichtigste, was ich mitnahm, ist wohl der erweiterte Kunstbegriff des Puppenspielers. Der Schauspieler hat nur sich selbst, der Puppenspieler aber immer auch den Außenblick. Das nichtpsychologische Spiel des Spielers, der als einzelner Mensch in kurzer Zeit so viele unterschiedliche Figuren bedient, das ist auch für das, was ich mache, sehr hilfreich.