Annette Niesyto
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Gleichstellung für alle
Der Rock und die kurze Hose
Mitte November feierte Karlsruhe die 25-jährige Existenz einer städtischen Frauenbeauftragten. Kurz zuvor allerdings war das Amt, das Annette Niesyto seit 1990 innehat, zu dem einer Gleichstellungsbeauftragten umbenannt worden. Die Namensänderung, die ihrem kleinen Team viel neue Arbeit beschert, war Folge einer Bündelung verschiedener Aufgaben, die unterschiedlichen Stellen zugeordnet waren. Entstanden sind sie durch den 2006 vom Karlsruher Gemeinderat beschlossenen Weg des Gender Mainstreaming. Das englische Schlüsselwort bezeichnet die systematische und frühzeitige Berücksichtigung der Chancengleichheit beider Geschlechter in allen relevanten Entscheidungen von Gemeinderat und Verwaltung. Die konkrete Mitwirkung bei Stellenbesetzungen ist dabei nur ein, allerdings arbeitsaufwändiger Aspekt.
Als Gleichstellungsbeauftragte ist die ausgebildete Pädagogin und Verwaltungswissenschaftlerin Niesyto nun nicht mehr nur für Frauen Anlaufstelle, sondern wird in Zukunft möglicherweise verstärkt auch von Männern aufgesucht werden. Einem Ansturm allerdings sieht Annette Niesyto vergnügt und gelassen entgegen: Auch in der Vergangenheit haben sich immer wieder Männer an uns gewandt, sei es, weil sie eine den Frauen häufig leichter zugestandene Arbeitszeitreduzierung auch für sich beanspruchen wollten, sei es, weil sie etwa in öffentlichen Einrichtungen Wickeltische auch in für Männer zugänglichen Toiletten anmahnten. Auch die allgemeine Kleiderordnung, die den Frauen locker den luftigen Rock, dem Mann allerdings nur selten die kurze Hose einräumt, ist immer wieder Männergrund zur Klage. Der Mann als Zielgruppe ist in der Stadt längst auch an anderen Stellen ins Bewusstsein gerückt. So beschäftigt sich etwa die Städtische Galerie damit, wie man mit speziellen Angeboten Männer verstärkt zum Kunstgenuss verführen kann, und auch die städtischen Bibliotheken haben ein waches Auge auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede ihrer Nutzerschaft. Eine wirkliche Benachteiligung der Männer sieht die Gleichstellungsbeauftragte in der deutlich kürzeren Lebenszeit des vermeintlich starken Geschlechts. Hier haben sicherlich auch spezifische Lebensstile, Männlichkeitsnormen und damit verbundene Belastungen ihre Bedeutung, die es kritisch zu hinterfragen gilt. In diesem Bereich, etwa zur betrieblichen Gesundheitsförderung könnte es in Zukunft verstärkte Aktivitäten des Gleichstellungsbüros geben, wenn dies die personellen Ressourcen zulassen. Denn die Arbeit der Gleichstellungsstelle zielt auch weiterhin in verschiedene Richtungen. Zum einen verwaltungsintern zur Verankerung der Gleichstellung in allen Arbeitsbereichen der Stadt einschließlich der Personalpolitik, zum anderen nach außen auf eine breite Öffentlichkeit zur Bewusstmachung von gleichstellungspolitischen Handlungsbedarfen und Initativen zu verändernder Praxis. Hierzu zählt auch die Koordination des Projekts Häusliche Gewalt überwinden. Zum dritten ist das Team für Frauen und Männer Anlaufstelle rund um Thema Gleichstellung. Schon bisher wurden hier vielen Frauen, schnell und unbürokratisch geeignete Hilfen vermittelt. Den Frauen soll durch die Umbenennung nichts abgehen, im Gegenteil, sagt die Gleichstellungsbeauftragte. Mit Spannung sieht sie der Entwicklung ihres Büros entgegen, das freilich in seiner derzeitigen Besetzung die gewachsenen Aufgaben kaum bewältigen wird können. Darüber seien sich jedoch auch Gemeinderat und Bürgermeister im Klaren, ist sich die Beauftragte sicher. Sie kann sich vorstellen, bei einer Erweiterung einen Mann in ihr Team zu holen. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass dann nicht mehr jede der Fachkräfte alle anderen vertreten können müsse wie bisher und die Arbeit langfristig gesichert werden könne.