Dr. Mabuse
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Jahresrückblick
"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, wieder haben wir ein Jahr hinter uns und ein Jahr vor uns.“ So oder ähnlich werden wieder einige Neujahrsansprachen beginnen, falls nicht doch noch die um den Kalender der Mayas sich rankende Prophezeiung eintrifft und die Welt am 21. oder 23.Dezember untergeht.
Aber das wäre nun wirklich ein Überraschungscoup der viele Fragen aufwirft und sie auch gleich wieder zum Verstummen bringt, z.B: Warum dieses ganze Getue um die Euro-Rettung und das arme Griechenland, wenn eh alles den Bach runtergeht? Wozu der sündhaft teure US-Präsidentschaftswahlkampf, wenn es gar keine weitere Amtszeit für einen Präsidenten mehr gibt? Wohin mit den schon gekauften Weihnachtsgeschenken, wenn die Bescherung ausfällt? Ich fürchte nur, dass es sich mit dieser Voraussage nicht anders verhält als mit den anderen Weltuntergangspro-phezeiungen, man kann sie den Hasen geben, in der Pfeife rauchen.....
So wie es aussieht, folgt nach alter Manier dem Jahr 2012 das Jahr 2013 - und wer beim Jahreswechsel besonders viel Spaß haben möchte, der sollte sich Roland Emmerichs Actionspektakel „2012“ via DVD reinziehen, um vom sicheren Fernsehsessel aus zu erleben, wie die Welt in Scherben fällt. Danach fühlt man sich wie ein Überlebender und kann mit frischen Kräften daran gehen, das Leben auf unserem nicht so schnell totzukriegenden Planeten zu optimieren.
Mein Vorschlag zur Verbesserung und Beschleunigung der Kommunikation wäre die Abkürzung politisch-korrekter Anreden, um die ja mittlerweile selbst der konservativste CSU-Politiker nicht herumkommt,
also statt Mitbürgerinnen und Mitbürger MuM, statt Zuschauerinnen und Zuschauer ZuZ, statt Wählerinnen und Wähler WuW.
Nach einer ge-wissen Eingewöhnungsphase wäre so viel Zeit gewonnen. Ich fürchte allerdings, dass die meisten Zeitgenossen mit dieser gewonnenen Zeit wenig anfangen zu wissen. Die ganze technische Entwicklung der Moderne läuft darauf hinaus, die Mühen des Daseins zu lindern, unsere Bewegung, unsere Kommunikation, die Befriedigung essentieller Bedürfnisse zu erleichtern und zu beschleunigen, kurzum Zeit zu sparen. Und was ist die Folge: Wir haben keine Zeit!
Es gibt allerdings Ausnahmen wie Peer Steinbrück, der hat offenbar genug Zeit gehabt sich neben der Wahrnehmung seines Bundestagsmandats (ein Fulltimejob natürlich!) Reden zu halten und sich damit ein kleines Zubrot zu verdienen. Mal ehrlich! Ich würde nicht „Nein“ sagen, wenn mir ein Veranstalter für die kleine Mühewaltung des Redenschreibens und -haltens einen Betrag von sagen wir mal 15000 oder 20000 Euro zukommen ließe, womit er meine eigene bescheidene Vorstellung von etwa 500 Euro als angemessener Vergütung um ein Vielfaches übertreffen würde. Nein, nein, würde ich nicht. Und da der SPD-Kanzlerkandidat, der ganz gewiss auch noch das Privileg genoss, ein und dieselbe Rede gleich mehrfach mit ein paar kleinen Veränderungen und Aktualisie-rungen verwenden zu dürfen, hat eben auch nicht „Nein“ gesagt.
Das wurde ihm kurz nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur vom politischen Gegner vorgehalten, der danach aber ganz schnell verstummte als bekannt wurde, dass es auch in den Reihen der Koalition einige mehr oder minder prominente Freizeit-Redner gibt, deren Worte mit Gold aufgewogen werden. Davon kann ein einfacher Kolumnist wie Dr. Mabuse nur träumen.
Das Reden über Reden wurde zwischenzeitlich verdrängt vom Rummel um Rommel. Der Generalfeldmarschall wurde vom Produzenten Nico Hofmann, dem nach Guido Knopp wendigsten Wiederverwerter jüngerer deutscher Geschichte, aus der Mottenkiste geholt und noch einmal telegen aufbereitet. Die Enkelin protestierte schon mal vorab, weil sie natürlich weit besser als die Filmemacher über ihren Opa, der lange vor ihrer Geburt das Zeitliche segnete, Bescheid weiß. Das verschaffte dem Film bereits im Vorfeld der Fernsehausstrahlung eine willkommene Publizität, die in keinem Verhältnis zu seinem Erkenntniswert stand. Rommel wendete sich innerlich von seinem vormals geschätzten Führer ab, weil der nicht einsehen wollte, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war, beteiligte sich aber nicht am Widerstand, weil er sich durch seinen Treueeid gebunden fühlte.. So what? Das wurde schon xmal gesagt, geschrieben und gezeigt. Wer nichts Neues zur Nazi-Zeit und ihren Hauptakteuren zu sagen hat, der sollte einfach mal die Klappe halten. Aber ich bin mir sicher, dass Nico Hofmann und Konsorten schon wieder in der Asservatenkammer der deutschen Geschichte stöbern, um daraus das nächste TV-Event zu zaubern. O du unselige, quotenbringende Nazi-Zeit!
In den Schatten gestellt wurde der Rummel um Rommel durch den Rummel um Romney, das ist verständlich. Von der Person des US-Präsidenten hängt dann vielleicht doch das Wohl der Menschheit etwas mehr ab als von kosmetischen Korrekturen am „Mythos“ Rommel. Der Mormone mit dem energischen Kinn hat es nicht geschafft und darüber war bei uns die Erleichterung größer als in den USA, wo immerhin fast die Hälfte der Wähler der Meinung war, dass ein Milliardär mit gutem Draht zum lieben Gott der Richtige wäre um die Geschicke des immer noch mächtigsten Landes der Welt zu lenken. Sie sind uns doch manchmal recht fremd, unsere amerikanische Freunde. Und das ist nicht die schlechteste Erkenntnis dieser Präsidentenwahl, die uns noch weitere vier Jahre der Regentschaft vom Obama beschert, der es, auch wenn ihm sonst nicht viel gelungen ist, fertig gebracht hat, den lange verpönten gestreckten Zeigefinger wieder popu-lär zu machen. Ihm zur Seite steht wie gewohnt seine durchtrainierte, muskelbepackte Gattin, die wie, man so munkeln hört, in Wirklichkeit im Hause Obama das Sagen hat. Und so ruht auch weiterhin das Geschick der Welt auf den breiten Schultern von Michelle Obama.
Mit dieser beruhigenden Vorstellung und den besten Wünschen entlasse ich sie, liebe LuL, ins Jahr 2013.