Archiv Ausgabe September 2005 Kunst, Ausstellungen Kunst

Warum das kontemplative Bild die symbolische Ordnung stört

Die Bilder Norbert Prangenbergs haben keine Titel: ""Das Bild muss hermetisch sein … Es ist meine Äußerung, die still und wortlos ist, die nur kraft ihrer Farbe, kraft ihrer Form, kraft ihrer Existenz lebt."" Seine Bilder kommunizieren nichts. Mit niemand. Ihr Sinn ist das absolute Schweigen. 
 
Auch wenn man dieses Schweigen nicht versteht, man wünscht es sich. Weil man sich die (mystische´) Erfahrung der Unendlichkeit wünscht. Man wünscht sich sozusagen so etwas ähnliches wie eine an den Tod gerichtete ""Herausforderung"": Man fürchtet diesen Tod und man wehrt sich gegen ihn, indem man sinnvolle Worte spricht. Aber dieses Gegen-den-Tod-sprechen macht nicht glücklich, Glücklich, froh, ja sogar fröhlich machen wortlose, kontemplative Bilder wie die von Norbert Prangenberg. Wie ihr Schweigen, ihre Hermetik die durch den Sinn ausgeübte Wahrheitsmacht (die Wahrheit ist, dass das Leben endlich ist) stören. 
Rund 90 Bleistiftzeichnungen, Aquarelle und Gouachen von Norbert Prangenberg (geb. 1949, Teilnahme an der documenta 7, Prof. an der Münchner Kunstakademie seit 1993) werden in der Karlsruher Kunsthalle gezeigt. Zeichnung und Material, Farbe und Prozess (die Spuren des Fließens, Trocknens usw.), Einfachheit und Komplexität befinden sich auf diesen Bildern in einer ständigen Umwandlung: ""Feierlich und kitschig, kosmisch und billig, schön und unerträglich"".  
 
So das Fazit der Kunstkritikerin Annelie Pohlen. 
Prangenbergs Papierarbeiten sind eine Mischung aus Action Painting und Zauberei, die davon handelt, was in der symbolischen Ordnung nicht aufgeht. Bilder, die auf etwas Unaussprechliches zielen: ""Da passieren ja so merkwürdige Geschichten"", sagt Norbert Prangenberg in einem Gespräch, ""die verbal gar nicht zu fassen sind. Das ist in der Musik genauso, nämlich das, was ich das Geistige oder Emotionale oder die Wahrheit nennen möchte, die in einem Bild enthalten ist. Eine absolut menschliche, humane Wahrheit."" - Franz Littmann 
(Norbert Prangenberg, Zeichnung 1978-2004, Kunsthalle Karlsruhe, 3.9. bis 16.10.)