Archiv Ausgabe Oktober 2005 Kunst, Ausstellungen Kunst

Ausstellung des Monats ZKM: Screening War

Albert Camus, der aus Algerien stammte, notierte zum Algerienkrieg: "Wenn man meine Mutter bedroht, übernehme ich für nichts mehr die Verantwortung." Genau diese Verantwortungslosigkeit bzw. Hass und Widerwillen gegen die anderen (Schurken, Barbaren, Untermenschen usw.) ist das Ziel der Anstrengungen an der "Informationsfront". Hier sind, wie Paul Virilio schon 1991 festgestellt hat, Bilder selbst zur Munition geworden. Die Kampfbereitschaft und die Kriegsbegeisterung erzeugt man nicht mehr mit Hilfe einer latenten Bedrohung. Heutzutage werden patriotische Gefühle mit "Direktübertragungen" vorbereitet. Ob das Blutspektakel (die Berichterstattung über Kriegshandlungen, terroristische Anschläge, Folterungen usw.) in Echtzeit stattfindet oder lediglich simuliert wird (im Kino, im Computerspiel), ist relativ unerheblich. Was zählt, ist die Glaubhaftigkeit der Botschaft: Was von Zerstörung bedroht ist, kann jederzeit in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellt werden. Das Faszinierende an solchen Kriegsbildern ist somit die Tatsache, dass man sie aus einer sicheren Distanz genießen kann. Was unsichtbar bleibt, sind Schmerzen, zerfetzte Körper, das Reale (der Tod). Was damit erfüllt wird, sind die überall auf unserem Globus gültigen Gesetze der Vermarktung und Unterhaltung. Der Frage, wie die Videokunst sich mit der Darstellung von Krieg und Terror auf Fernseh- und Computerbildschirmen auseinandersetzt, geht die Ausstellung "Screening War" nach. Präsentiert werden nicht nur aktuelle Arbeiten, sondern es wird ein Überblick zur Beschäftigung mit der Kriegsthematik in der Videokunst seit den 1970er Jahren gegeben. Der Schwerpunkt liegt dabei, dem Medium entsprechend, auf der künstlerischen Reflexion einer Medialisierung des Krieges durch Kriegsberichterstattung, dem Einsatz neuer Militärtechnologien sowie dem Einfluss der Bildermaschine Hollywood. - Franz Littmann (Screening War, Zur Repräsentation von Krieg in der Videokunst, u.a. mit Arbeiten von Klaus vom Bruch, Jordan Crandall, Harun Farocki, Marcel Odenbach, Nam June Paik/ Charlotte Moorman, Richard Serra, Wolf Vostell; ZKM-Medialounge, 14.10.-20.11.)