Archiv Ausgabe Oktober 2006 Verschiedenes Meldungen

Dorian Florescu

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Die Nacht davor

Der 1967 geborene Autor Catalin Dorian Florescu hat als Erzähler viel gelobte und erfolgreiche Romane veröffentlicht und ist mit teils renommierten Literaturpreisen ausgezeichnet worden. Nun hat auch sein erstes Theaterstück „Die Nacht davor – Die Liebe, die aus dem Osten kommt“ am 12. Okt. im Sandkorn- Theater Premiere - außerdem liest er am 5. aus seinen beiden neuesten Romanen.  
 
Sie stammen ursprünglich aus Rumänien und leben heute in der Schweiz. Wie kam die Zusammenarbeit mit dem Sandkorn-Theater zustande´ 
 
Weder meine rumänischen noch meine helvetischen Wurzeln machen es mir leicht auf dem deutschen Literaturmarkt. Es sind beide Länder leider Peripherien Europas. Ich stamme aus einem armen, weissen Fleck Europas und lebe in einem reichen, weißen Fleck. Manchmal aber geschehen Dinge, die man sich als Autor nicht erkämpfen muss. Temeswar, meine rumänische Heimatstadt, ist verschwistert mit Karlsruhe. Außerdem wird Rumänien nächstes Jahr EU-Mitglied. Steffi Lackner vom Sandkorn-Theater suchte einen rumänischen Autor und fand – dank des jetzigen Regisseurs des Stücks, Victor Carcu – einen deutschsprachigen Rumänienschweizer. 
 
Um was geht es in Ihrem Stück „Die Nacht davor“´ 
 
Es ist die Sehnsucht nach Glück, die einen Westeuropäer in den Osten treibt. Früher brach man auf, um Gold zu suchen. Das heutige Gold sind die Ostfrauen. Das Paradox unserer Zeit ist, dass wir im Westen relativ reich sind, aber auch relativ einsam. Der globalisierten Wirtschaft folgt die globalisierte Glückssuche. Ganze Armeen westeuropäischer Männer sind im Osten auf Frauensuche. Das schafft neue Biografien, mit allen Chancen und Risiken dazu. Ich erzähle von der letzten Nacht einer jungen Rumänin neben „ihrem“ Schweizer, in ihrem Kindheitszimmer, bevor sie ihm in den Westen folgen wird. Ihr Vater hütet ein Geheimnis aus kommunistischer Zeit, und auch eine andere Frau ist hinter dem Schweizer her. Das ist voller osteuropäischem Witz, aber zugleich auch traurig. 
 
 
Waren Sie an der Inszenierung beteiligt´ 
 
Ich habe bisher vieles geschrieben, aber nur dieses eine Theaterstück. Würde die Handlung tragen´ fragte ich mich. Würde es dynamisch, kraftvoll sein´ Auch hatte ich Angst vor der Begegnung mit meinen fleischgewordenen Figuren. Es war wichtig, an Proben dabei zu sein, meine Ideen einzubringen, aber auch den Text laufend anzureichern.  
 
 
Was erwartet den Zuhörer bei der Lesung´ 
 
Der Roman „Wunderzeit“ beschreibt auf lustig-traurige Art und durch die Augen eines Jungen die paranoid-skurrile Welt des Ostens vor dem Fall des Kommunismus. Ebenfalls ist es die Geschichte der Liebe eines Vaters zu seinem kranken Sohn, mit dem er zu einer Odyssee nach Amerika aufbricht, auf der Suche nach der Freiheit und nach Ärzten.  
„Der blinde Masseur“ zeigt, was es für wunderbare Geschichten im Osten gibt. Denn er existiert tatsächlich. Ein Mann, der mit 17 Jahren erblindete und zuletzt Tolstoi lesen konnte. Der eine sagenhafte Bibliothek von 30000 Büchern hat. Der ganzen Generationen von Patienten beibrachte, ihm die grosse Weltliteratur vorzulesen, während er ihre schmerzenden Körper massierte. Es ist der Bericht einer trügerischen Freundschaft zwischen dem Masseur und einem Glücksuchenden aus dem Westen. 
> Lesung am 5. Okt um 20:15 Uhr 
> Premiere „Die Nacht ...“ am 12. Okt, um 20:15 Uhr  
Sandkorn- Theater, Kaiserallee 11, 0721- 84 89 84