Archiv Ausgabe Januar 2007 Verschiedenes Herbies Cartoon

2006, das Jahr, in dem wir gelandet sind

Dass man nicht mehr zur Jugend zählt, nicht einmal mehr zur reiferen, das verrät nicht nur der Blick in den Spiegel oder auf etwa gleichaltrige Zeitgenossen. Man merkt es auch daran, dass man sich mittlerweile mit eigenen Augen überzeugen kann, dass die Science-Fiction-Filme, die man mal vor langen Jahren, als sie noch aktuell waren, gesehen hat, mit ihren Zukunftsvisionen, die sie zwanzig oder dreißiger Jahre später angesiedelt haben, Lichtstraßen von der Realität entfernt sind.  
Nicht ganz so daneben ist Kubricks „2001 - Odyssee im Weltall“ , wobei allerdings die Raumstation, die er in die Zukunft, die heute schon wieder Vergangenheit ist, hinein projiziert hat weitaus prächtiger und geräumiger geriet als die Raumstation, in die sich unser Kosmo-bzw. Astronaut Thomas Reiter mehrere Wochen gezwängt hat. Zu Kubricks Film wurde im Orwell-Jahr 1984 eine Fortsetzung gedreht, über eine amerikanisch-sowjetische Expedition, die sich im Jahre 2010 auf die Suche nach dem 2001 verschollenen Raumschiff begibt. Die Beschwörung einer friedlichen Konfliktlösung zwischen den beiden großen Militärblöcken der Welt war schon wenige Jahre später hinfällig. Der Ostblock zerfiel und die Sowjetunion löste sich auf. So schnell können Zukunftsvisionen von der Realität atomisiert werden.  
Wenn Sie die Chance haben „2010 - Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“ zu sehen, schauen Sie rein, dann wissen Sie, wie die Welt im Jahr 2010 ganz sicher nicht aussehen wird. Aber das wundert ja auch nicht. Jedesmal ist der Weg ins neue Jahr mit guten Vorsätzen und besten Wünschen gepflastert, nicht nur für sich selbst und die nächsten Angehörigen, sondern, wenn schon denn schon, für die ganze Menschheit. Und jedesmal stellt man am Ende des Jahres betroffen fest: Es ist schon wieder nichts geworden, mit dem Weltfrieden und dem Wohlstand für alle. Schade, schade!! Aber zum Trost gibt es kleine Liste der Peinlichkeiten des Jahres 2006. 
 
Der peinlichste Clown 
Die junge reizende Frau Eva Haßmann, selbst eine begabte, sympathische Schauspielerin muss ihn sehr lieben, ihren Gatten Otto Waalkes. Anders ist es kaum zu verstehen, warum sie mit einem derartigen Zausel, der, wo er geht und steht, den Affen macht und in der witzlosen Komödie „Sieben Zwerge - der Wald ist nicht gut genug“ als leibhaftiger Dummbeutel herumalbert, immer noch verheiratet ist. Es tut weh den Urahn der deutschen Comedy, der mal wirklich komisch war, als Karikatur seiner selbst zu sehen. Geld müßte er doch genügend haben, um sich zur Ruhe setzen können. Und für einen anständigen Haarschnitt müßte es doch auch noch reichen. Ich fürchte aber, er zappelt weiter bis selbst die kleinsten „Zwergenfans“ kein gutes Haar mehr an ihm finden.  
 
Die peinlichste politische Figur 
Einer der Gründe, warum ich nicht grün wähle, trägt auffällige Kleidung, redet viel, wenn der Tag lang ist und bringt nach eigenem Bekunden Emotionalität in die Politik. Der Grund (oder die Gründin´) heißt Claudia Roth. Vor kurzem ist sie mit knapper Mehrheit wieder zur Grünen-Vorsitzende gewählt worden. Ein Buch hat sie auch geschrieben. Es trägt den Titel „Das Politische ist privat“ und ist eine Platitüdensammlung, die man sich schenken kann. Es stehen Sätze drin wie: „Eine Kultur der Anerkennung hat eines ihrer wichtigsten Fundamente in einer Erinnerungskultur, die aufzeigt, wohin die Unkultur der Ausgrenzung und Missachtung führt, eine Kultur, die die Erinnerung usw. usf. Wenn sie mit Bibbern in der Stimme anhebt, einen Missstand in unserer Gesellschaft oder in der Welt beklagen, dann erfährt man vor allem, wie betroffen sie ist - und sonst wenig.. Die Managerin von „Ton, Steine, Scherben“ ist sie gewesen, wie sie oft genug betont. Das hat die Band ganz offensichtlich nicht überlebt. 
 
Die peinlichste Schlagzeile 
Wollen wir uns alle duzen´ Diese Frage, die eine Aufforderung war, stellte die BILD-Zeitung in diesem Sommer, der kein Sommer wie jeder andere war, sondern, um mit BILD zu reden, ein Supersommer. „Supersommer, Superstimmung, Super-WM. Wäre es da nicht super, wenn wir uns alle duzen“ – das war die überaus stringente Argumentationslinie. Aber die Auflistung von Superlativen ist nun eigentlich kein Argument dafür, fremde Menschen zu duzen oder Leuten, mit denen man per Sie ist, das Du anzubieten. Es lohnt nicht sich argumentativ mit diesem BILD-Blödsinn auseinandersetzen. Diese Schlagzeile ist nur ein Beleg mehr für die klebrige Umarmungstaktik der auflagenstärksten deutschen Zeitung, die ihre Leser ganz ungeniert fortwährend duzt: „BILD dir deine Meinung!“ Sätze, die mit „Ganz Deutschland“ und „Wir“ anfangen, suggerieren die Geschlossenheit des ganzen deutschen Volkes auf „BILD“-Niveau und das ist immer noch unter aller Sau.. Britney Spears höschenlos abzubilden und sich gleichzeitig über diese Schamlosigkeit zu empören, das ist so schamlos heuchlerisch, dass einem die Spucke wegbleibt. Noch schlimmer aber ist die Stimmungsmache, die BILD bei Sexualmorden und Kindstötungen betreibt, da wird jedes Detail lustvoll ausgebreitet und so hat der Leser das wohlfeile Vergnügen den Schauder des Verbrechens und der moralischen Überhebung gleichzeitig zu genießen.Dass Politiker und bedeutende Intellektuelle sich weigern, der Zeitung ein Interview zu geben, das ist schon längst passé. Im Gegenteil: BILD ist schon lange wieder gesellschaftsfähig und einige Politiker, allen voran unser windiger Altkanzler, sind mit dem Schmierenblatt schon längst per Du. „Wir sind BILD“. Ohne mich. 
Ich wünsche Ihnen ein relativ gutes neues Jahr 2007.