Archiv Ausgabe April 2007 Kunst, Ausstellungen Kunst

Daniel Roth, Inland

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In der Ära der Simulation, schreibt Baudrillard, werden sämtliche Referentiale, Orientierungen, Maßstäbe usw. liquidiert, also verflüssigt und aufgelöst. In dieser Situation scheint sich der Mensch abendländischer Prägung nur dadurch einer chaotischen Erfahrungswelt, d.h. einer unerträglichen Offenheit der Welt, erwehren zu können, indem er Sinnzusammenhänge konstruiert, deren fiktiven Charakter er jedoch leugnet. Ein Resultat dieses Ordnungs- und Harmoniezwangs sind Hollywoodffilme, ein anderes das Programm „zur besten Sendezeit“ im alltäglichern Fernsehen, ein drittes die Ratgeberliteratur, also Bücher mit hohen Auflagen. Mit gedanklichen Knabbermischungen werden komplexe Sachverhalte auf den kleinsten Nenner zusammengekürzt. Immer wieder die gleiche Botschaft: Es gibt Sinn und Ordnung in einer anarchisch-wuchernden Vielfalt der simulierten Zeichen und Bilder. Dass aller Aufklärung zum Trotz der abergläubische Wille auf ordnende Berherrschung sich erfolgreich vermarkten lässt, beweist der Film: „Der Da Vinci-Code“. 
Man kann aber mit dieser Neigung des modernen Bewusstseins, lieber einer ominösen Logik zu folgen als über kein Omen (Vorzeichen) zu verfügen, auch ironisch umgehen. Genau das macht der Karlsruher Künstler (Jg. 1969) Daniel Roth. So liegt z.B. in seiner fiktiven Erzählung/Rauminstallation „Weller Volker“ sein Heimatort Schramberg unter einer Betonschicht vergraben. Durch Bohrungen in den Beton gibt es Zugänge zu 5 Häusern. Eines davon, die ehemalige Schuhmacherei „Weller Volker“, wird durch Wände, Einstiegslöcher und Durchblicke im Ausstellungsraum zitiert. Indem Roth seine Geschichten möglichst authentisch inszeniert, entführt er die Vorliebe des Betrachters, überall Zusammenhänge zu vermuten. In geheimnisvolle Parallelwelten. In den Grenzbereich zwischen Realität und Fiktion. Wo beginnt das eine, wo hört das andere auf, wenn man von einer Raumzeichnung zu einem Text wechselt, von einem freischwebenden Objekt zu scheinbar dokumentarischen Fotografien´ 
Folgt man den konstruierten Korrespondenzen, spürt man eine gewisse Verunsicherung. Auch wenn man das Spiel mit mehreren Realitätsebenen durchschaut, wird man hin- und hergerissen zwischen dem Drang, die Kontrolle über die Fiktion zu behalten und der Neigung, den eigenen paranoiden Impulsen zu erliegen. So oder so, das Amalgam aus latenten Geschichten, quasi-wissenschaftlichen Expeditionen, paranoiden Legenden und futuristischen Horrorvisionen ist faszinierend. (Neben Franz Ackermann ist Daniel Roth z.Zt. der erfolgreichste Karlsruher Künstler im internationalen Ausstellungszirkus!) Während jedoch die üblichen Welträtsellösungen nur wiedergegeben, was gesehen und gehört werden will, fordern Roths Lösungen dazu auf, über das Verhältnis von Realität und Fiktion nachzudenken. 
 
(Daniel Roth, Inland, Badischer Kunstverein, Waldstr. 3, Karlsruhe; 30.3.-13.5.2007) FL