Archiv Ausgabe Dezember 2011 Verschiedenes Herbies Cartoon

Jahresrückblick 2011

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oder Nichtraucher Revisited

Kurz vor dem Ende liefert mir das ereignisarm vor sich hindümpelnde Jahr 2011 doch noch eine Schlagzeile, die eine nähere Betrachtung lohnt. „Nichtraucher zeigen ARD an“ wurde am 6.Dezember gemeldet. Das Forum Rauchfrei Berlin hatte Anzeige gegen die ARD-Vorsitzende Monica Piel erstattet, weil der 92jährige Altkanzler Helmut Schmidt während einer Talkshow mit Günther Jauch mehrere Zigaretten geraucht und damit die ARD-Angestellten zum Passivrauchen genötigt habe. Diese seien aber als Arbeitnehmer nach der Arbeitsstättenverordnung vor dem Passivrauchen zu schützen. In einem Brief an den Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja, in dessen Verantwortungsbereich sich der Veranstaltungsort, der ehemalige Gasometer des Bezirks Schönebergs, befindet, wurde weiter ausgeführt, dass es laut den Forschungsergebnissen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) Heidelberg „keine Mindestmenge“ gebe, „die nicht als gesundheitliche Schädigung durch aktiven oder passiven Nikotinkonsum angesehen werden kann“. Und dann führen die Nichtraucher weiter aus: „Mit anderen Worten, auch der Rauch nur einer Zigarette schädigt den Raucher und den Passivraucher.“ Wenn man diesen Gedanken weiterdenkt, dann wäre es doch eigentlich nur konsequent, den fidelen Greis wegen Körperverletzung anzuzeigen und besser noch wegen Mordversuch (der Straftatbestand Totschlag kommt wegen der Kaltblütigkeit und der Planmäßigkeit des berühmt-berüchtigten Rauchers nicht in Betracht.) Warum eigentlich nicht gleich „Mord“, wenn sich denn in mehreren Jahrzehnten die Wirksamkeit des von dem Altkanzler verbreiteten Gifts erweist und die anwesenden Kameraleute und Tontechniker in Folge der Sendung vom 23.Oktober 2011 elendiglich dahinsiechen. Und wenn es denn stimmt, was das DKFZ über die nicht festzulegende Mindestmenge verlautbart hat, wäre es dann nicht angebracht, das kontaminierte Gebäude nach der Sendung gründlich zu sanieren oder gleich ganz abzureißen. Man sieht, der Antiraucher-Fundamentalismus hat noch genügend Luft nach oben bzw. nach unten. Als nicht rauchender Zeitgenosse (was etwas anderes ist als ein Nichtraucher, der aus etwas, was er nicht tut, seine Identität ableitet und für den der Raucher zugleich des Objekt des Hasses wie der Bevormundung ist), mag man sich fragen, wozu eine Institution wie das DKFZ mit Bundes- und Landesmitteln sowie Spenden gemästet wird, wenn sie einen solchen Furz an Erkenntnis produziert. Festzustellen, dass man etwas nicht feststellen kann, ist ein wissenschaftlicher Offenbarungseid. Aber mit diesem nicht auszulotenden Null-Befund lässt sich prima Panik und Hysterie schüren. Wer kann denn im trüben Licht dieser „Erkenntnis“ ausschließen, dass das ahnungslose Kind, das beim unschuldigen Spiel auf der Straße für ein paar Momente in den Dunstkreis eines seinem Laster obliegenden Rauchers gerät, nicht Jahre später an Lungenkrebs erkrankt´ Zugegeben: Es gab in diesem Jahr auch noch die Eurokrise, zu der mir partout nichts einfällt, die Heimsuchung Japans, die ja immer noch andauert und für die ich natürlich auch keine Lösung parat habe, und den arabischen Frühling, der mittlerweile in einen islamistischen Herbst übergegangen zu sein scheint, was von unseren Massenmedien, die sich ganz überwiegend mit der Nichtbewältigung der Eurokrise befassen, viel zu wenig beachtet und analysiert wird. Und was ist eigentlich mit den Hungernden in Somalia´ Haben sie zu essen bekommen, sind sie satt´´ Das wird ja wohl schon so sein, wenn man nichts mehr von ihnen hört und sieht. Hauptsache aber: Die Bundesrepublik ist rauchfrei. Oder verhält es nicht eher so, dass die Nichtraucher-Taliban die wenigen Raucher, die es noch gibt, dringend brauchen, um ihre eigene mickrige Existenz zu rechtfertigen, so wie die Polizei das Verbrechen, die Ärzte die Krankheiten und die Gläubigen die Ungläubigen brauchen´ Wer den Teufel an die Wand malt, möchte vor allem sich selbst ins rechte Licht setzen. Ohne die Raucher gäbe es das Nichtrauchen als Unterscheidungsmerkmal nicht mehr, die stolzen Nichtraucher wären dann nur noch das, was sie ohnehin schon sind, arme kleine Würstchen, die sich gern wichtig machen. Die kann man in der Pfeife rauchen. Selbstverständlich unter Berücksichtigung der Arbeitsstättenverordnung.  
 
 
 
 
 
 
Dezember 2011: 
 
Helm ab 
 
 
Ich radle gerne. Radeln ist die angemessene Fortbewegungsart in der Stadt. Man kommt fast überall hin, kann das ganze Wegenetz nutzen, verschont die Umwelt mit schädlichen Emissionen, bewegt sich und wird nicht sitzend bewegt wie in der Straßenbahn, die Geld kostet, in der man sich oft in Gesellschaft von Mitmenschen befindet, die man lieber meiden möchte, die eben nicht überall hinkommt. Um Straßenbahn zu fahren, muss man an eine Haltestelle gehen, kann man nur an einer Haltestelle aussteigen. Das Rad steht vor der Tür, mit dem Rad kommt man vor die Tür. Das Rad ist ein Stück Freiheit. Gott und Drais sei Dank! Zur Freiheit des Radfahrens gehört auch die Entscheidung, ob man mit oder ohne Helm fährt. Ich kenne ein paar Leute, die nach unangenehmen Erfahrungen im Straßenverkehr das Ding auf einmal aufgesetzt haben oder sich zumindest vorgenommen haben, es aufzusetzen.(Meistens hält der Vorsatz nicht lange.) Ich fahre ohne das Teil und dabei wird es bleiben, auch wenn sich die große Politik gerade wieder Gedanken um die Sicherheit der Radfahrer macht, die offenbar ein dankbares, weil relativ wehrloses Objekt hochherrschaftlicher Bemutterung und Fürsorge sind. Für meine Sicherheit sorge ich schon selber, indem ich mich in der Stadt mit angemessener Geschwindigkeit und Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmer radle, andere tun das nicht, einige davon,oft genug die schnellsten und rücksichtslosesten, haben Helme auf. Dass ich mit dem Rad fahre, macht mich nicht zum Kumpel all derer, die auch Rad fahren. Diskussionen um den Straßenverkehr, um das Neben- und Miteinander von Radfahrern, Autofahrern und Fußgängern führen oft zu verlogenen Verbrüderungen und Cliquenbildungen. Das gibt es auf einmal eine Front der Autofahrer gegen die Radfahrer und umgekehrt, dabei ist es der Normalfall, dass man jederzeit von einem Fortbewegungsmittel aufs andere umsteigen kann. Bei allen positiven Gefühlen, die ich mit dem Radfahren verbinde, würde ich doch nie leugnen, dass man mit dem Auto weiter und schneller in der großen weiten Welt herumkommt, dass sich Großeinkäufe besser mit dem Auto als mit dem Rad erledigen lassen, das sich auch wenig dafür eignet, einen anderen irgendwohin mitzunehmen. Was ist jemand, der vom Rad ab- und ins Auto steigt, ein autofahrender Radler oder ein radelnder Autofahrer´ Ja, es gibt sowohl hinter dem Steuer und als auch auf dem Fahrradsattel Arschlöcher und Idioten (zu letzteren zähle ich auch die vielen, die nachts unbeleuchtet mit dem Rad durch die Stadt gurken). Tatsache ist aber, dass sie mit dem Rad weit weniger Schaden anrichten können als mit dem Auto, und dass es relativ klar ist, wer beim Zusammenstoß von Auto und Rad auf der Strecke bleibt. Das könnte ein Argument fürs Helmtragen sein, ist aber vor allem ein Argument dafür, die Berührungsflächen zwischen Rad- und Autoverkehr durch ein gut ausgebautes Radwegenetz möglichst gering zu halten. Wenn der Helm seine schützende Wirkung entfaltet (oder auch nicht) , ist das Kind schon in den Brunnen bzw. der Radfahrer auf die Straße gefallen. wobei man sich an allen möglichen Körperstellen sehr weh tun kann, unter anderem auch am Kopf. Mag sein, dass es ein paar Verkehrstote weniger geben würde, wenn alle Radfahrer den Helm aufhätten, aber wenn der Verkehrsminister schon mit angeblich erschreckenden Zahlen an die Öffentlichkeit tritt, dann sollte er vielleicht auch hinzufügen, dass überhaupt nicht davon die Rede davon sein kann, dass die Zahl der Verkehrstoten stetig steigt, und dass es immer noch weit mehr tödliche Auto- als Radunfälle gibt. Um in der Logik der Helm-Diskussion zu bleiben, könnte man hinzufügen, dass manche Autofahrer noch leben könnten, wenn sie beim Fahren einen Helm aufgehabt hätten.Es bleibt dabei, eine absolut sichere Welt ist nur auf Kosten der Freiheit zu haben und die Helmpflicht ist eine Form der Freiheitsbeschneidung und ein weiterer Schritt in einen Staat, der die Bürger in allen Lebenslagen bevormundet. Die Gurtpflicht im Auto war eine gute und richtige Sache. Der Vergleich mit der Helmpflicht hinkt auf beiden Beinen. Der Gurt ist im Auto angebracht, leicht an- und wieder abzulegen, seine positive Wirkung ist evident und unbestritten. Da stimmt die Relation zwischen dem etwas weniger an persönlicher Freiheit und dem Zugewinn an Sicherheit. Bei der Helmpflicht stimmt diese Relation nicht. Den Helm auf und ab zu setzen, ist ein Umstand, der noch dadurch erschwert wird, dass man das Ding später noch mit sich rumtragen muss. Und schon ist sie dahin, die Leichtigkeit des Radfahrens. Wenn die Sonne scheint, brütet das Hirn unter dem Plastiktopf. Wenn es arschkalt ist, soll man sich auf die Mütze noch mal was draufsetzen. Nein danke! Wer das mag, der soll es tun. Ich tue es nicht. Auf einen anderem Blatt steht die Frage der Helmpflicht für Kinder. Als Erwachsener bestimme ich selbst, was ich auf dem Kopf trage und was nicht. Wenn die Helmpflicht tatsächlich durchgesetzt wird, dann könnte vielleicht tatsächlich die Zahl der verunfallten Radfahrer zurückgehen und zwar deshalb, weil es dann weniger von ihnen geben wird. (Obwohl selbst das fraglich ist, wenn ich an die radelnden, behelmten Dum-Dum-Geschosse denke, die gelegentlich an mir vorbeirauschen.) Dass das Radfahren unattraktiv wird (wie Beispiele aus anderen Ländern zeigen) , das wäre die einzige Konsequenz einer Helmpflicht, die von Leuten ersonnen und propagiert wird, die sich von A nach B in einer Staatskarosse chauffieren lassen. Kaum zu glauben, dass der neue grüne Verkehrsminister Winfried Hermann seinen CSU-Kollegen im Bund, Herrn Ramsauer, in dieser Sache zu übertrumpfen versucht. Aber wenn einem sonst nichts einfällt, fällt einem halt die Helmpflicht ein. Die kostet nichts und man ist mal wieder in den Schlagzeilen. Das ist wohl der einzige Zweck dieser hoffentlich folgenlosen Übung.  
 
Nov 2011: 
 
Gemeinschaftsschule 
 
Die Abschaffung der Dummheit 
 
„Der ist nicht faul, der ist nur dumm“. In seinem ganzen Berufsleben bekommt ein Lehrer so einen Satz von Schülereltern nicht zu hören. Da hat er schon recht, der gelernte Lehrer Dieter Nuhr. Die Kinder sind entweder schlecht motiviert, antriebsschwach, unkonzentriert, weil sie immer von irgendetwas abgelenkt werden, im schlimmsten Fall haben sie ADS oder gar ADHS oder eine Leserechtschreibschwäche oder irgendetwas anderes, was therapiert werden kann. Davon lebt nebenbei ein ganzer Berufszweig und zwar nicht schlecht. Und dann gibt es natürlich noch den Lehrer als möglichen Hauptschuldigen dafür, dass Sohn oder Tochter geistig wenig auf die Reihe bringt.  
 
Auf die Idee, dass die kognitiven Fähigkeiten des Kindes einfach nicht hinreichen um komplexere Sachverhalte zu begreifen (nichts anderes ist Dummheit), kommen Eltern in der Regel nicht. Das ist Selbstbetrug und Selbstschutz. Was die eigenen Kinder angeht, ist die Wahrnehmung immer getrübt, die nackte Wahrheit „Mein Kind ist dumm“ fällt auf die Eltern als deren Erzeuger und Erzieher zurück.  
 
Aber zum Glück gibt es ja die moderne Pädagogik, die mit der Behauptung, es gibt keine dummen Schüler und Schülerinnen (kurz: SuS), nur falsch oder schlecht geförderte, die Dummheit, wenn schon nicht aus den Klassenzimmern, so doch aus dem offiziellen Wortschatz der Bildungstheoretiker und –praktiker gebannt hat. Dass Kevin, Jacqueline, Marcel, Emre usw. dumm wie Brot sind, das geben Lehrer und Lehrerinnen (LuL) im privaten Bereich gerne zu, auch um sich einfach mal auszukotzen, aber nach außen hin, dürfen sie das natürlich nicht sagen. Am besten wäre es freilich, wenn sie nicht einmal mehr in Gedanken ihre SuS als „dumm“ qualifizieren, denn nur dann sind sie gerüstet und gut genug für die Herausforderungen der Gemeinschaftsschule, die nun auch in Baden-Württemberg von der rotgrünen Landesregierung auf den Weg gebracht wurde, eine Schule in der alle Kinder von der 5. bis zur 10. Klassenstufe gemeinsam unterrichtet werden sollen.  
 
Wie das gehen soll, sich verstärkt den Lernschwachen zuzuwenden, zugleich die Talentierten individuell zu fördern und auch noch im Gleichschritt in der Bewältigung des Lehrstoffes voranzukommen, diese Quadratur des Kreises müssen nicht die vorexerzieren, die sich dergleichen ausgedacht haben. Es bleibt an den LuL hängen, die doch oft genug schon überfordert sind, wenn sie es mit einer leistungsmäßig einigermaßen homogenen Realschulklasse zu tun haben. Die LuL, die dieses pädagogische Konzept im Namen der Chancengleichheit durchsetzen, müssen erst noch gebacken werden.  
 
Bis dahin, das heißt bis zum Sankt Nimmerleinstag, bleibt nur eine Lösung, nämlich die Nivellierung des Niveaus nach unten. Zumal ja auch das Sitzenbleiben abgeschafft werden soll, gemäß der auf den ersten Blick so humanen, aber in Wirklichkeit fatalen Losung „Keiner darf zurückbleiben“. Damit keiner zurückbleibt, müssen alle zurückbleiben. So ist dem Gleichheitsgedanken Genüge getan. Hauptsache, wir sind alle lieb zueinander. „Lernen durch Gedankenosmose funktioniert nicht. Rechnen und schreiben sind kein Teamsport.  
"Lernen ist etwas, das Individuen tun, nicht Kollektive,“ schreibt ein beredter Kritiker der Einheitsschule (etwas anderes ist die Gemeinschaftsschule nicht).  
 
Die Widerlegung dieser Argumente durch die schulische Praxis steht noch aus. Ein Argument der Befürworter der Gemeinschaftsschule ist die Beseitigung der Hauptschule als pädagogische Resterampe. Dabei ist die Hauptschule, die in meiner Kindheit und Jugend noch eine völlig unverächtliche Institution war, an die sich für die meisten Abgänger eine Lehre in einem Handwerk oder einem anderen achtbaren Beruf anschloss, doch gerade von denen auf den Hund gebracht worden, die zunächst die Anforderungen an das Abitur so niedrig geschraubt haben, dass es auch für Realschüler keine unüberwindbare Hürde mehr sein konnte.  
Folgerichtig entsprach dann die Mittlere Reife dem Anforderungsprofil des Hauptschulabschlusses. Was bleibt da noch für die Hauptschule´ Erst unterminiert man das dreigliedrige Schulsystem, dann schafft es man ab.  
 
Es passt ins Bild, dass die verbindlichen Grundschulempfehlungen in Baden-Württemberg gekippt werden sollen, als würden die Eltern besser über das Leistungsvermögen ihrer Kinder Bescheid wissen als die LuL. Das Zeugnis wird zur Makulatur, die LuL fast völlig entmachtet. Wehe, wehe, wenn sie es auf der neuen Gemeinschaftsschule mit unlehrbaren, zu Aggression neigenden SuS zu tun bekommen, die aber zumindest soviel begreifen, dass ihnen der blöde Wichser da vorne im Grunde nichts tun kann.  
 
Dumm gelaufen. Aber das wird ja nicht passieren in der schönen neuen rotgrünen heilen Schulwelt, theoretisch zumindest ist das völlig ausgeschlossen.