Archiv Ausgabe Juni 2015 Verschiedenes Herbies Cartoon

Don´t bogart that joint, my friend

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Die titelgebende Textzeile ist der Refrain eines Songs einer obskuren Band namens Fraternity of Men, die danach im Orkus der Rock- und Popgeschichte verschwunden ist. Ihrem schlichten Liedchen wäre wohl dasselbe passiert, wenn es nicht als Begleitmusik eines epochalen Films verewigt worden wäre, dessen Popularität nicht zuletzt auf einem fundamentalen Missverständnis beruht. „Easy Rider“ ist eher Abgesang als Hymne auf die Hippie-Ära. Die Älteren werden sich noch erinnern, die beiden Hauptprotagonisten fahren am Ende auf ihren Harleys nicht etwa in das Abendrot, sondern in den Tod, sie werden von Rednecks einfach auf offener Straße abgeknallt. Aber die Signalwirkung der Motorradfahrten auf endlosen Straßen in weiter Landschaft im Zusammenklang mit der Musik von Steppenwolf, Jimi Hendrix, Byrds u.a. hallte länger nach als die finalen tödlichen Schüsse. Zur faszinierenden Neuartigkeit des Films gehörte auch die eigenwillige Bildgestaltung, psychedelisch nannte man das damals. So konnte man als Zuschauer zumindest ansatzweise die Welt mit den Augen der beiden dauerbekifften Biker sehen. Ja, ja, „morgens ein Joint und die Welt ist dein Freund“, sagte der von Jack Nicholson gespielte, zeitweilige Dritte im Bunde, der noch schneller als die beiden anderen ins Gras beißen musste. Was zeigt das? Erstens: durch die Einnahme von Cannabis wird die Welt durchaus nicht zu deinem Freund, es gelingt dir allenfalls die Umwelt und deine Mitmenschen in freundlicheren Licht zu sehen (was schon viel wert ist) und zweitens: die Einnahme von Cannabis ist in der Regel nicht lebensverlängernd. Beides kann man übrigens auch anderen Rauschmitteln nachsagen, die (noch)ganz legal auf dem Markt zu haben sind, Alkohol und Tabak. Cannabis haftet 45 Jahre nach dem „Easy Rider“ in die deutschen Kinos kam, immer noch der Ruch des Verbotenen an. Tatsächlich ist hierzulande nur der Konsum von Cannabis, auch Marihuana, Haschisch und Gras genannt, in geringen Mengen erlaubt. Wer sich welches beschafft, es weiterreicht oder auch nur seinen Joint dem Nachbar überlässt, steht schon mit einem Bein in der Illegalität und wer sich seine Hanfplanzen selbst zieht, muss aufpassen, dass sich der Nachbar in Sachen Botanik nicht so gut auskennt. Unwürdige Zustände sind das eigentlich. Vor einem Jahr haben chronisch Schmerzkranke vor Gericht durchgesetzt, dass sie das Cannabis, das ihre Leiden lindert, selbst anbauen dürfen, weil sie sich den Erwerb des Cannabis nicht leisten können und die Kosten von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Das Bundesgesundheitsministerium hatte gegen das Ansinnen der Kläger das „Schutzinteresse der Bevölkerung“ angeführt. Welches Schutzinteresse? Mehr als zwei Millionen Deutsche haben schon mal Cannabis konsumiert. Das Schutzinteresse des Staates kann sich allenfalls auf Jugendliche und Kinder konzentrieren. Die sollen natürlich vor den Folgen des Drogenmissbrauchs geschützt werden. Das geht aber bei einem Schwarzmarkt wesentlich schlechter als beim legalen Verkauf. Für erwachsene Bürger gibt es ein Recht auf Rausch und Betäubung. Die drogenfreie Gesellschaft ist das Wunschbild von rigiden Abstinenzlern, von Puritanern und anderen religiösen Fundamentalisten. Nein, der Konsum von Cannabis ist nicht risikofrei. Dauerbekifftsein ist ebensowenig ein erstrebenswerter Zustand wie der Vollrausch, aber ein vernunftbegabter erwachsener Mensch vermag einzuschätzen, dass es ihm nach zwei Gläsern Wein gut geht, nach einer Flasche Schnaps eher nicht. Die Dosis macht´s. Eine Freiheit, die nicht missbraucht werden kann, gibt es nicht. Wer uns davor schützen will, muss alle Freiheiten abschaffen. Linke, Grüne und vor kurzem die FDP haben für die Legalisierung von Cannabis plädiert. Nur die GroKo ist nicht dafür und weiterhin malen die Drogenbeauftragten in altbekannter Manier den Teufel an die Wand, wenn es um Cannabis geht. Dabei hat es meines Wissens noch keinen einzigen Cannabis-Toten gegeben, dagegen werden die positiven medizinischen Wirkungen von Cannabis mehr und mehr offenkundig, zur Linderung von chronischen Schmerzen, zur Senkung des Blutdrucks und zur Stim-mungsaufhellung bei Altersdepression. Unter den Bedingungen der Illegalität ist es zum Beispiel unmöglich vorurteilsfrei und offen die Vorteile des dosierten, medizinisch überwachten Einsatzes von Cannabis in der Altenpflege zu diskutieren, wie er in einem Altersheim in Israel schon seit Jahren erfolgreich praktiziert wird. Wäre das nicht eine schöne Vorstellung: Wenn in der betreuten Alten-WG in trauter Runde der Joint kreist und die betagten Kiffer erinnerungsselig ein Lied anstimmen aus einem Film, der sie in jungen Jahren schwer beeindruckt hat: „Don´t bogart that Joint, my friend. Pass it over to me.“