Archiv Ausgabe März 2017 Theater, Comedy, Show Theater und Show

Mit der Nase am Schlüsselloch

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Wer kennt nicht die Nöte des braven Cary Grant als Theaterkritiker Mortimer Brewster, als er herausfindet, dass seine beiden liebenswürdigen Tanten Abby und Martha ein mehr als makaberes Hobby pflegen und seit Jahren alte, alleinstehende Herren vergiften, um die „Gott näher zu bringen“. Auch die 1971 in Nürnberg geborene Schauspielerin und Regisseurin Anke Bußmann hatte bereits als Kind Frank Capras Hollywood-Evergreen des schwarzen Humors aus den frühen 40er Jahren im Fernsehen gesehen und auch ihr ist vor allem die Rolle des vom Wahnsinn umtosten Protagonisten in bester Erinnerung. Gegenwärtig inszeniert sie am Karlsruher Sandkorn-Theater die rabenschwarze Kriminalkomödie, doch eine Verwechslung mit der Filmkomödie droht für das Publikum nicht, denn die beiden liebenswürdig-bösartigen Tantchen werden von Friedemann Nawroth und Hans Peter Dörig, zwei gestandenen Mannsleuten gespielt. „Es war mir sehr wichtig, für die beiden Rollen ein bewährtes und bestens eingespieltes Bühnenpaar zu haben und da war es ein besetzungstechnischer Pragmatismus, Abby und Martha mit diesen beiden Männern zu besetzen“, sagt Bußmann und fügt hinzu, dass die schrullige Mütterlichkeit, die man bei der Besetzung mit zwei Schauspielerinnen erarbeiten müsste, sie überhaupt nicht gereizt hätte: „Ich finde die beiden entzückend.“ Überhaupt geht es ihr in der Inszenierung der Komödie, in der der Zuschauer immer viel mehr weiß, als die auf der Bühne Agierenden, vor allem um die Doppelbödigkeit: „Alles ist hier unübersehbar und wird doch nicht gesehen, das finde ich gleichzeitig philosophisch tiefgründig und brüllkomisch.“ Bei der Verlegung des Stoffes in die jüngere deutsche Vergangenheit der 80er/90er Jahre suchte Bußmann nach einem Pendant zum amerikanischen Kleinbürgertum der 40er Jahre. „Ich wollte aus der schwarzen amerikanischen eine schwarzbraune deutsche Komödie machen, weshalb es wichtig war, eine zeit zu finden, in der eine deutsche Variante dieser Piefigkeit vorherrschte, in der die Aufweichung der Geschlechterrollen vergleichsweise grüne Früchte trug, während noch braune aus dem Dritten Reich an den Bäumen hingen“, sagt die Regisseurin, die gerade für dieses Stück die Hautnähe eines kleinen Theaters als äußerst positiv empfindet: „Gerade bei einer Vorlage, die derartig eine vierte Wand behauptet und mit dem Voyeurismus des Zuschauers spielt, finde ich es extrem charmant, wenn man praktisch mit der Nase am Schlüsselloch klebt.“  
 
> Do 30. (Premiere), 20.15 Uhr, und Fr 31. März 2017, 20.30 Uhr, Sandkorn-Theater, Karlsruhe, Kaiserallee 11