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Schlossfestspiele Ettlingen

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„Da spürt man, wofür man Theater macht“ 
 
 
Mit der Premiere der Rocky Horror Show starten die Ettlinger Schlossfestspiele am 22. Juni in ihre 38. Saison. Neben dem skurrilen Rock-Musical steht in diesem Jahr die antike, gleichwohl zeitlose Komödie Lysistrata von Aristophanes (ab 29. Juni) auf dem Programm, in der sich die Frauen ihren Männern verweigern, um einen 20 Jahre währenden, sinnlosen Krieg zu beenden. Schon ab dem 17. Juni versuchen Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer, die geliebte Lok Emma vor der Verschrottung zu bewahren, dazu kommt es ein breites Angebot von Jugendtheater, Kabarett, Konzerten und Abenden mit kulinarischer Ergänzung. Klappe Auf unterhielt sich mit Intendant Udo Schürmer, der nach der Saison 2018 die Barockstadt an der Alb verlässt. 
 
Sie haben die Ettlinger Schlossfestspiele als mutigen Ort profiliert, an dem vor allem weniger bekannte Musicals entdeckt werden können, die meist zumindest in Deutschland noch nicht auf einer Freilichtbühne mit ihren ganz besonderen Bedingungen zu sehen waren. In diesem Jahr hingegen haben sie mit der Rocky Horror Show einen etablierten Publikumsknaller im Schlosshof. Haben Sie keine keine Lust mehr auf künstlerisches Risiko und kommerzielle Wagnisse? 
 
Udo Schürmer: Aber nein, das ist es überhaupt nicht. Wir suchen stets nach einem Stück, das in die Räumlichkeit, zu unseren finanziellen Möglichkeiten, vor allem aber auch zu unserem Publikum passt. Dabei wollen wir immer etwas Neues bieten. Ich finde, dass die Rocky Horror Show unheimlich gut in den Schlosshof passt.  
 
Was muss denn mit dem properen Barockschloss passieren, um für Frank n Furter die passend gruselige Kulisse abzugeben?  
 
Schürmer: Wir setzen einen Innenraum hinein, für den sich der Bühnenbildner Steven Koop bei den Kultgeschichten und den Clubs der 60er und 70er Jahre inspirieren ließ, jener Zeit also, in der die Rocky Horror Show entstand. Die Schlosskulisse wird dabei einen kontrastreichen Hintergrund abgeben. 
 
Schlägt sich die vermeintlich sichere Bank bereits im Vorverkauf nieder? 
 
Schürmer: Aber ja, zumindest für die Wochenenden sind die richtig guten Plätze nicht mehr zu haben. 
 
Wie immer inszenieren Sie das Musical, dazu parallel das Jugendstück Kassandra nach Christa Wolf. Wieso nehmen Sie diese Doppelbelastung auf sich, und wie laufen die Jugendstücke in Ettlingen? 
 
Schürmer: Mit liegt persönlich sehr viel an unserem Jugendprogramm, denn es ist mir wichtig, hier für alle Altersgruppen etwas anzubieten. Dem möchte ich durch mein persönliches Engagement auch eine gewisse Gewichtigkeit geben. Während es sich in Ettlingen ergeben hat, dass ich immer das Musical auf die Bühne bringe, bin ich von Hause aus ja auch Schauspielregisseur und liebe es, mit Worten zu arbeiten. Unsere Schauspieler gehen mit den Jugendstücken in die Klassenzimmer zu den Schülern, wir spielen aber auch im Schloss für ein altersmäßig sehr gemischtes Publikum, wobei wir auch hier für anschließende Gespräche zur Verfügung stehen. Hier hatten wir in den vergangenen Jahren eine super Resonanz und einen tollen Austausch. Da spürt man, wofür man Theater macht. 
 
Ein bisschen schwerer als Kinderstück und Musical tut sich in Ettlingen traditionell das Schauspiel. In diesem Jahr haben Sie einen uralten Komödienklassiker von Aristophanes aufs Programm gesetzt. Was versprechen Sie sich und dem Publikum mit dieser Frauenverweigererkomödie? 
 
Schürmer: Vor allem keine dumme, aber höchst vergnügliche Unterhaltung. Es geht ja um ein ernstes Thema, letztlich darum, wie man Frieden herstellen kann, und da hat Lysistrate ihre ganz eigenen Vorstellungen. Was das Schauspiel angeht, konkurrieren wir hier ja mit einem von Heidelberg und Mannheim bis nach Baden-Baden extrem gut gesättigten Umfeld. Wir versuchen uns hier mit recht unterschiedlichen Angeboten zu behaupten. In diesem Jahr haben wir mit Lysistrate eine sehr freche Komödie in einer frischen Übersetzung und mit einer guten Aussage. Das macht schon beim Proben wahnsinnig Spaß und wird bestimmt jeden, der kommt, begeistern. 
 
2018 wollen Sie ihr Engagement in Ettlingen auslaufen lassen. Nach zwölf Jahren kein Bock mehr auf Ettlingen? 
 
Schürmer: Ich habe hier mit einem Etat von 740.000 Euro angefangen und seit fünf Jahren nur noch 620.000 Euro zur Verfügung. Parallel ist das Angebot und die Konkurrenz in der Region gewachsen, und alle wollen etwas von dem Kuchen haben. Nun sollen wir ein neues Konzept entwickeln, das noch weniger kosten soll. Wir hatten schon vor ein paar Jahren aufwändig drei Parallelspielzeiten entwickelt, mit dem Ergebnis, dass man entschied, beim bisherigen Modell zu bleiben. Wir haben hier über die Jahre unsere Marke entwickelt, und wenn man die aufweichen will, bin ich nicht mehr dabei. Es ist ermüdend, dass man in Ettlingen in der Diskussion immer wieder von ganz vorne anfangen muss und den Fachleuten wenig Vertrauen geschenkt wird. Man kann mit weniger Geld nicht mehr bieten. Das geht auf Kosten der Qualität und der Künstler. Wir müssen weniger Leute engagieren und sie schlechter bezahlen. Es wird mir hier sehr leicht gemacht, Distanz zu gewinnen. 
 
Wo sehen Sie langfristig ihre Perspektive? 
 
Schürmer: Eine Leitungsposition würde ich gerne wieder übernehmen, weil ich davon überzeugt bin, dass ich das wirtschaftlich und künstlerisch gut kann. Nicht umsonst haben wir hier für relativ kleines Geld sehr gute Leute vor Ort verpflichtet. Aber wenn sich das nicht bietet, werde ich mehr als Regisseur tätig sein. Ich werde nicht aufhören zu arbeiten, dafür bin ich viel zu jung.
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