Archiv Ausgabe Februar 2022 Musik Klassik

Händel-Festspiele

Gespräch mit Intendanten Ulrich Peters

Seit 1978 pflegt das Badische Staatstheater das Andenken des Komponisten Georg Friedrich Händel rund um seinen Geburtstag am 23. Februar. Die 44. Internationalen Händel-Festspiele, die vom vom 18. Februar bis zum 2. März 2022 stattfinden, stehen als aus dem Vorjahr verschobenes Festival unter besonderen Bedingungen. Während die Händel-Opern Hercules und Tolomeo mehr als ausverkauft sind, kann man für die zahlreichen Konzerte durchweg noch Karten bekommen.  
 
So zum Beispiel für das Händel-Galakonzert am Samstag, 19., mit der Badischen Staatskapelle und der international gefeierten Mezzosopranistin Anna Bonitatibus (Foto: Frank Bonitatibus), die die virtuose Musik großer Opernheroinen aus Werken von Händel, Vivaldi und Rossini interpretiert. Oder für Donnerstag, 24., das Festkonzert der Deutschen Händel-Solisten, die in diesem Jahr vom amerikanischen Barockspezialisten Stephen Stubbs geleitet die Suite aus Händels erster Oper Almira zur Musik seiner Zeitgenossen Arcangelo Corelli, Antonio Vivaldi und Henry Purcell in Beziehung setzen. Den ökumenischen Festgottesdienst mit Arien und Instrumentalmusik gibt es am 27. Februar aus der Evangelischen Stadtkirche auch frei Haus als Live-Stream. Klappe Auf unterhielt sich mit dem Intendanten des Badischen Staatstheaters Ulrich Peters (Foto: Oliver Berg) über Händel und die besonderen Festspiele. 
 
 
Bereits vor einem Vierteljahrhundert waren Sie in Karlsruhe, damals als Oberspielleiter des Musiktheaters, für die Händel-Festspiele verantwortlich. Wie hat sich in der Zwischenzeit Ihr Blick auf den Barockkomponisten und die Rezeption seiner Musik verändert? 
 
Ulrich Peters: Ich freue mich sehr, dass eine von den Festivals in Halle, Göttingen und Karlsruhe vorangetriebene Barock-Renaissance stattgefunden hat und die Barockmusik auch ins normale Theaterrepertoire Einzug gehalten. Damit erreicht und begeistert diese Musik mittlerweile ein sehr breites Publikum. 
 
In diesem Jahr sind die 44. Händel-Festspiele eine Nachholveranstaltung der ausgefallenen Veranstaltung 2021. Inwieweit konnten Sie nun schon einen eigenen Akzent setzen und welche besonderen Herausforderungen stellen sich in diesen Tagen bei der Planung eines solchen Festivals? 
 
Peters: Tatsächlich habe ich das diesjährige Programm keinen Einfluss mehr nehmen können, was aber auch gar nicht nötig war, weil ich finde, dass alles auf höchstem Niveau geplant wurde. Die größte Herausforderung besteht nun darin, dass wir durch die derzeitige 50-Prozentregelung die Nachfrage nicht ansatzweise befriedigen können. Das Festival war ja im vergangenen Jahr praktisch ausverkauft, und wir werden jetzt die Hälfte ausladen müssen. Im Zweifelsfall muss wohl das Los entscheiden. Das tut mir für die Kartenbesitzer, die sich gefreut haben, unendlich leid. 
 
In den vergangenen Jahren hat es eine Reihe von "Satellitenkonzerten" in Karlsruher Kirchen mit herausragender Kammermusik gegeben? Warum haben Sie auf diese "Abendsterne" verzichtet? 
 
Peters: Es ist in diesem Jahr sehr schwierig, internationale Ensembles einzuladen, da ja mit immer wieder wechselnden Einreisebeschränkungen zu rechnen ist. Deshalb haben wir dies auf das kommende Jahr verschoben, und was wir in diesem Jahr dabei sparen, können wir im kommenden Jahr zusätzlich für ein erweitertes Programm einsetzen. Allerdings denke ich weniger an Kirchen als Spielorte, ich würde viel lieber in den Jazzclub, in alternative Kulturzentren oder ins ZKM gehen. Dabei entsteht eine ganz andere Spannung, als in Kirchen, wo die Barockmusik praktisch zuhause ist. Im kommenden Jahr soll es also unter einem anderen Titel diese Konzerte wieder geben, thematisch sollen sie Händel im Zusammenhang seiner Zeit präsentieren. Es ist zum Beispiel faszinierend, Arien nebeneinander zu stellen und zu vergleichen, wie unterschiedlich Komponisten zur selben Zeit ein und den selben Text vertont haben. Indem man den Horizont erweitert, kann man umso mehr erkennen, wir genial Händel war. 
 
In Großbritannien und den USA werden Studierende in ihren Bibliotheken vor diskriminierenden oder gewalttätigen Inhalten literarischer Klassiker gewarnt, in Berlin hat ein großes Haus eine historische Choreografie des "Nussknacker" aus dem Programm genommen, weil sie im chinesischen Tanz rassistische Stereotype bediene. Wie gehen Sie an ihrem Haus mit solchen Problemstellungen um und inwieweit sind die Händel-Opern davor gefeit hier unter ein Verdikt zu fallen? 
 
Peters: Ich bin da nicht so hysterisch. Man muss ein Bewusstsein entwickeln und solche Dinge reflektieren, die ja dem Zeitkontext geschuldet sind. Ich habe zum Beispiel gerade einen Roman von Graham Greene gelesen, der beginnt mit dem Satz "An der Ecke stand ein Nigger". Da zucke ich zusammen, und heute würde man das so nicht mehr schreiben. Aber ich würde das Buch deshalb niemals verbrennen. Wir können die Geschichte nicht umschreiben, das wäre keine gute Haltung, das wurde einmal gemacht, das will ich nie wieder haben. 
 
Auf welche Produktion freuen Sie sich bei den 44. Händel-Festspielen besonders? 
 
Peters: Ich freue mich auf alles. Natürlich ist die zentrale Neuproduktion, in diesem Jahr "Hercules", immer ein Höhepunkt. Ganz persönlich freue ich mich auf die erste Begegnung mit dem amerikanischen Barockspezialisten Stephen Stubbs, den ich seit langem sehr schätze. -jf

Badisches Staatstheater

Hermann-Levi-Platz 1
76137 Karlsruhe
 
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