Alle Artikel Musik Querbeet

40 Jahre Zeltival

Überregional eine höhere Ausstrahlung

Seit einem guten Jahr ist Sebastian Bau einer der beiden Geschäftsführer im Karlsruher KulturzentrumTollhaus. Am 27. Juni startet das Zeltival, das erstmals von Bau programmiert wird. Klappe Auf unterhielt sich mit ihm über das Sommerfestival. 
 
Ende Juni beginnt das erste von Ihnen verantwortete Zeltival. Was war bei der Zusammenstellung wichtig? 
Bau: Zum einen wird das Zeltival in diesem Jahr 40 Jahre alt, und so war es klar, dass das Programm diesem Geburtstag gerecht werden sollte. Wir haben erfolgreich um Künstlerinnen und Künstler geworben, hinter denen wir seit Jahren her sind. Rufus Wainwright ist so ein Kandidat, aber auch dass wir mit Eliades Ochoa einen der letzten verbliebenen Stars des kubanischen Buena Vista Social Clubs gewinnen konnten, passt gut. Zum anderen suchen wir Gruppen, die es erst noch zu entdecken gilt. Unter den Zeltival-Top-Ten Veranstaltungen finden sich eine ganze Reihe von KünstlerInnen, die gegen soziale und politische Missstände ansingen. Schließlich haben wir uns bemüht, unser Line-up zwischen Frauen und Männern weitgehend paritätisch zu gestalten, was uns diesmal ganz gut gelungen ist. 
 
Welche Rolle spielt das Zeltival im Jahresprogramm des Tollhaus? 
Bau: Im Sommer kommen für die großen Festivals internationale Künstlerinnen und Künstler nach Europa, die unter dem Jahr um Karlsruhe eher einen Bogen machen. Da diese Großveranstaltungen vorzugsweise an den Wochenenden stattfinden, haben wir gute Chancen solche Acts zum Wochenbeginn bei uns auftreten zu lassen. Werblich ist das Zeltival eine Marke, die überregional eine höhere Ausstrahlung und Reichweite hat, als das "normale" Programm. Dadurch erreichen wir auch Menschen, die sonst das Tollhaus nicht auf dem Schirm haben, und gewinnen dadurch neues Publikum. Aber natürlich haben wir mit unserem tollen Außengelände ein großes Pfund und haben ein umfassenderes Gastroangebot, so dass das Zeltival auch für unser Stammpublikum etwas besonderes bleibt. 
 
Sie haben die Leitung eines der größten soziokulturellen Zentren in Baden-Württemberg übernommen. Vor welchen Herausforderungen stehen diese im Allgemeinen und die Kultur in Karlsruhe im Besonderen? 
Bau: Bei mehr oder weniger allen Kolleginnen und Kollegen ist der Generationenwechsel Thema. Die Gründergeneration verabschiedet sich und damit die Motoren, die ein weit überdurchschnittliches Engagement eingebracht haben. Um die Zukunft zu meistern, müssen zum Beispiel familiengerechte Arbeitsbedingungen geschaffen werden, da die nachwachsende Generation nicht mehr zu den früheren Bedingungen zu arbeiten bereit ist. Und das wird mehr Geld erfordern. Zumal die Kultur und insbesondere die soziokulturellen Zentren heute eine wichtige demokratiefördernde Rolle spielen und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt unschätzbar sind. In diesem Kulturbereich lassen sich keine großen Erträge erzielen, was etwa in Karlsruhe, wo die Gelder scheinbar knapp sind, große Probleme aufwirft. Denn während eigentlich eine solidere Finanzierung durch Zuschüsse vonnöten wäre, um den Kultureinrichtungen Wertschätzung zu zeigen und Verlässlichkeit, Innovationsmöglichkeiten und Planbarkeit zu gewährleisten, ist der kommunale Haushalt auf absehbare Zeit im Sparkurs. 
 
Das soziokulturelle Zentrum ist ein Konzept, das in den 1970ern im Umfeld der neuen sozialen Bewegungen entstand. Inwieweit passt dieses Modell heute noch? 
Bau: Auch wenn es sicherlich eine Aufgabe ist, die Werte und Ziele der Soziokultur heute einer jüngeren Generation nahezubringen, glaube ich doch, dass diese sehr gut in unsere Zeit passen. Denn schließlich geht es nicht zuletzt um die kulturelle Teilhabe für alle und den Austausch zwischen unterschiedlichen Kulturen und Bevölkerungsgruppen. Das ist beim Tollhaus eine zunehmend präsenter werdenden Farbe. Wir denken zum Beispiel darüber nach, wie wir das Haus auch für neue Gruppen öffnen und diese einbinden können, wir beteiligen uns an übergreifenden Projekten wie Karla tanzt! und wollen den Zugang für Menschen, die sich das Regelticket nicht leisten können, durch Solitickets ermöglichen. Dabei sehen wir uns in einem Umfeld von Künstlerinnen und Künstlern, die sich zunehmend gesellschaftlich und politisch engagieren, was man schon zu Beginn des Zeltival etwa an dem Black Lives Projekt oder Mal Elevé festmachen kann. 
 
Zurück zum Zeltival, gibt es Abende, auf die Sie sich besonders freuen? 
Bau: Da gibt es auch neben den großen und bekannten Namen einiges. Persönlich freue ich mich auf die Frauenpower der Ketekalles aus Barcelona, das mexikanische Gitarrenduo Rodrigo Y Gabriella wird bestimmt toll, Wallis Bird & Spark bringen dem Zeltival wieder Karlsruher Künstler, und mit Bokanté kommt eine tolle Band aus dem Umfeld des Snarky-Puppy-Umfelds mit soulig weltmusikalischem Schwerpunkt zum Zeltival.

Tollhaus

>>Alter Schlachthof 35
76131 Karlsruhe
 
Homepage