Martina Eckrich ist Schauspielerin und Psychotherapeutin. Die Karlsruherin pendelt beständig zwischen Berlin, wo sie eine Hälfte der Woche verbringt, und ihrer Heimatstadt, wo sie eine Praxis hat und im Elternhaus lebt. Seit 2010 gehört sie alljährlich im Sommer zum Ensemble des Theaters in der Orgelfabrik, wo in diesem Jahr "Oblomow" nach einem russischen Roman aus dem 19. Jahrhundert gespielt wird. Klappe Auf unterhielt sich mit der gerne Perspektiven und Orte wechselnden Künstlerin und Psychologin über ihre Berufe und das neue Stück, das wie vom Theater in der Orgelfabrik gewohnt mit Tiefgang und viel Witz von einem Menschen erzählt, der als Inbegriff eines trägen Faulpelzes gilt.
Du hast in Saarbrücken Schauspiel studiert, warum wolltest Du Schauspielerin werden?
Martina Eckrich: Ich hatte mich gemeinsam mit einer Freundin in die Idee verstiegen, nur als Schaupielerinnen glücklich werden zu können. Das war vielleicht auch so eine kleine Rebellion gegen die Erwartungen, die an uns gestellt wurden. Nach der Ausbildung habe ich dann lange an veschiedenen Theatern gespielt. Mein Sohn war letztlich der Auslöser, mir noch ein sichereres Standbein zuzulegen.
Warum dann Psychologie und damit eine zweite, ewig lange Berufsausbildung?
Eckrich: Noch vor der Schauspielerei hatte ich nach dem Abi Medizin zu studieren begonnen. Ganz klar, es muss der Mensch sein, der im Mittelpunkt steht. Mich interessiere vor allem die Seele der Menschen, habe ich mal hochtrabend in einem ganz frühen Interview als Schauspielerin gesagt. Aber tatsächlich interessiert es mich sehr, wie Menschen ticken und wie geht Leben? Begegnungen sind für mich ein großes Lebenselexier, und in beiden Berufen gibt es intensivste Begegnungen und vor allem auch Geschichten, mal gespielt, mal eben echt gelebt.
Wieso opferst Du seit Jahren Deine Sommerferien, um beim Theater in der Orgelfabrik zu spielen?
Eckrich: Ich habe auch noch während des Studiums ständig geswitched und mein früherer Mann hat mal gesagt, ich würde noch auf dem Sterbebett nicht wissen, was ich wirklich am meisten wolle. Offensichtlich ist Sehnsucht nach dem Spielen nicht versiegt. Ich genieße die Freiheit, die wir hier bei der Stückentwicklung haben, ich liebe die Menschen, die hier alljährlich so etwas wie eine Theaterfamilie bilden, und Gaby Michel schreibt uns sehr schön die Rollen auf den Leib. Parallel kann ich in meiner Praxis arbeiten. Es ist sehr schön meine beiden Berufe so verbinden zu können.
In diesem Jahr hat Gaby Michel den "Oblomow" von Iwan Gontscharow zum Ausgangspunkt des neuen Theaterstückes genommen. Wer ist dieser sprichwörtlich gewordene Oblomow und warum passt diese Figur des faulen russischen Adligen Deiner Meinung nach gut zu unserer Zeit.?
Eckrich: Ich liebe diesen Roman, in dem es um die inneren und äußeren Welten geht. Die Figur ist beileibe nicht nur nicht nur der Träge und Depressive. Er arbeitet innerlich, weil er so empfindungsfähig ist, dass ihm die Teilnahme am äußeren Leben schwer fällt. Viele Menschen sagen heute ja auch, dass sie gar keine Nachrichten mehr verfolgen können, weil sie das alles überfordert. Ich spiele die Olga, eine Frau, die zunächst einen deutschen Ingenieur verehrt, der als Macher für die äußere steht, sich dann aber in Oblomow verliebt, weil sie dessen Tiefe fasziniert. Der wiederum fühlt sich bald von dieser fordernden Frau überfordert und wendet sich einer mehr Umsorgenden zu. Die kocht so gut, dass er zumindest im Roman daran am Ende zu Tode kommt.
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"Oblomow"
5. bis 28. September 2024
jeweils donnerstags bis samstag, jeweils 20 Uhr
Theater in der Orgelfabrik, Karlsruhe-Durlach, Amthausstraße 19